„Vollbeschäftigung“ im Landkreis Pfaffenhofen

Von rosigen Zahlen, die nicht unbedingt die Wirklichkeit beschreiben

Die Arbeitslosigkeit im Landkreis Pfaffenhofen liegt bei rekordverdächtig niedrigen 2,3 Prozent, die nur vom Kreis Eichstätt mit 1, 5 Prozent unterboten werden. Ab zwei bis drei Prozent aber sprechen Arbeitsmarktexperten bereits von einer „Vollbeschäftigung“, da dieser Wert selbst bei günstigsten Bedingungen kaum unterschritten werden könne (saisonale Effekte, Ein- und gleichzeitig stattfindende Ausstellungen, Kündigungen etc.) Doch derartige Bewertungen sind relativ, wenn man bedenkt, dass zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 1950ern eine Quote unter einem Prozent zur Vollbeschäftigungsdefinition nötig war.

Doch zweifelsohne klingen die Zahlen für den Landkreis rosig – noch vor einem Jahr lag die Quote bei 3, 7! Außerdem hat auch die Region 10 (Hauptagentur Ingolstadt) den bayrischen Spitzenreiter Freising eingeholt (beide 3 Prozent Arbeitslosigkeit). Agenturleiter Rolf Zöllner bestätigt auch, dass er Eichstätt für den deutschlandweiten Spitzenreiter hält und glaubt auch Pfaffenhofen auf einem der vordersten Plätze der Nation. „Nur so genau haben wir die Zahlen noch nicht, das wäre nur mit viel Aufwand herauszufinden“, erklärt Zöllner.

Die führenden deutschen Wirtschaftsmagazine von „manager“ bis „Handelsblatt“ werden sich für ihre Wirtschaftsrankings, in denen der ökonomischen Welt die günstigsten Standorte präsentiert werden, die Mühe sicher wieder machen. Dann könnte die in Hamburg und Berlin bisher weitgehend unbekannte Stadt an der Ilm wieder auf den vordersten Plätzen landen, wovon der Standort direkt profitieren kann. Global Player, wie Panasonic oder Sankyo richten sich bei ihren Entscheidungen nach solchen Analysen. Sicher nicht umsonst hat das japanische Pharmaunternehmen Sankyo mit seinem hypermodernen Neubau nun in Pfaffenhofen seinen größten Produktionsstandort außerhalb von Japan und will von die europäischen Märkte erobern. Kiyoshi Morita aus der Führungsebene Sankyos hatte sich extra zur Einweihung in die Ilmstadt bemüht und lobte den Standort in höchsten Tönen.

Vor soviel guten Nachrichten könnte einem fast schwindelig werden, aber reine Euphorie und Feierlaune sind nicht angebracht. Denn erstens streiten sich selbst die größten Statistikexperten des Landes, was die angegebenen Quotenzahlen wirklich bedeuten, welche Rechenspiele erlaubt und welche bloße Trickserei bedeuten, dank derer sich Politiker von der Bundesebene bis zu den Kommunen dann mit guter Arbeitsmarktpolitik brüsten können. Selbst die veröffentlichten Zahlen zeigen beim genaueren hinsehen, dass längst kein Grund zum Jubeln besteht. Man muss die Zahlen nur entsprechend gegenüber stellen. In ganz Deutschland hat die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitenden, und das sind v.a. die wirklich nicht mehr stark von Arbeitslosigkeit Bedrohten, im Jahresvergleich um gut 100.000 zu genommen. Die in Bayern ebenfalls im Jahresvergleich gut 86.000 Arbeitslosen weniger (von insgesamt 342.000) klingen dann schon wesentlich weniger positiv, wenn man nicht annimmt, dass gut 99 Prozent der in den neuen sozialversicherungspflichtigen Stellen Arbeitenden Deutschlands im Freistatt eingestellt wurden.

Außerdem bleibt die Situation der Lehrstellenbewerber auch im Freistaat weiterhin prekär (45.000 in Bayern ohne Ausbildungsplatz). Auch Agenturleiter Zöllner spricht an, wie wichtig noch mehr Lehrstellen seien, obwohl deren Angebot gerade erst wieder um 7 Prozent gestiegen ist. Die jungen Menschen aber sind – und dieser Satz wurde abgewandelt bereits so unendlich oft wiederholt, dass er vielleicht deshalb nicht mehr wirkt und keine Konsequenzen gezogen werden – auch die Zukunft des Arbeitsmarktes. Gerade hier muss der momentane Aufschwung nicht nur vom Mittelstand (wo sich die Betriebe in der Region laut Zöllner sehr bemühen), sondern auch von den ganz großen und den kleineren Unternehmern endlich dazu genutzt werden, noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Wenn die demografische Rentenwelle erst über dem Land bricht, werden qualifizierte Kräfte noch verzweifelter gesucht werden, also heute bereits.

Genauso lässt sich auch allgemein für den Landkreis sagen, dass sich auf den guten, wenn auch hinterfragbaren Zahlen nicht ausgeruht werden darf. Der Trend und die guten Rankings müssen noch stärker genutzt werden. Die Spitzenposition darf ruhig laut hinausposaunt und weitere Global Player angezogen werden, aber die besonders die arbeitslosen Jugendlichen und die Langzeitarbeitslosen (gewissenberuhigend geparkt unter dem Stichwort Sockelarbeitslosigkeit) dürfen nicht vergessen werden.