Stadtmauer bei Nacht Der Flaschlturm kann gemietet werden

von Claudia Erdenreich

Viel ist nicht mehr übrig von der mittelalterlichen Stadtbefestigung in Pfaffenhofen. Man kann den Verlauf der Stadtmauer noch an einigen Stellen erahnen oder im Straßenverlauf nachvollziehen, der Rest wurde abgerissen als die Stadt vor allem im letzten Jahrhundert rasch wuchs. Auch die Stadttore waren zu klein und zu eng für den Straßenverkehr. Es gibt noch alte Aufnahmen, die einiges zeigen und bei den Stadtführungen wird klar, wie fasziniert die Menschen von den wenigen Überbleibseln sind.nacht

Wird etwa der schön restaurierte Hungerturm geöffnet, lässt es sich kein Besucher nehmen, einen Blick hinein zu werfen, die engen Holztreppen zu erklimmen und zahlreiche Fragen zur Nutzung zu stellen.
Für einen Vormittag konnte nun auch der Flaschlturm nach seiner gelungenen Renovierung -besichtigt werden. Er zählt zu den ältesten Gebäuden der Stadt – nur die Stadtpfarrkirche St. Johannes Baptist mit Baubeginn nach 1388 ist älter. Damals fiel die ganze Stadt während des Städtekrieges einem großen Brand zu Opfer, alle Gebäude wurden zerstört.

Pfaffenhofen wurde 1438 als Stadt erwähnt, zu dieser Zeit war wohl auch die 1,5 Kilometer lange Ringmauer um die Stadt vollendet. Für heutige Vorstellungen war die Stadt klein, sehr klein, sie endete jeweils schon wenige Straßen vor und hinter dem Hauptplatz. Der Riederweg war Stadtmauer, ebenso die Straße „obere Stadtmauer“ gleich hinter der Auenstraße. Keine 2.000 Einwohner zählte Pfaffenhofen vor 600 Jahren.

An der ursprünglichen Stadtmauer steht auch der Flaschlturm, einer von noch drei erhaltenen Türmen, ursprünglich waren es 17. Korrekt heißt der Flaschlturm „Stadtturm am Platzl“, seinen geläufigen Namen hat er von den Bewohnern Flaschl, die bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts darin wohnten. Er war Teil der südlichen Stadtmauer, ein Wehrturm, der aber nie zur wirklichen Verteidigung ausreichte. Zu leicht konnte die Mauer überwunden werden.

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Hier am Platzl, nur wenige Schritte vom Hauptplatz entfernt, verändert sich die Stadt gerade gravierend und für jeden deutlich sichtbar. Große, neue Wohn- und Geschäftsgebäude entstehen neben den teils noch heruntergekommenen alten Häusern. Im 17. und 18. Jahrhundert war der Turm im Besitz hoher kurfürstlicher Beamter, die ihn schließlich zu einem Sommersitz umbauten und das heutige Mansardendach aufsetzten, das fast ein wenig fernöstlich anmutet.

Die Besitzer wechselten dann häufiger, einfache Handwerker erwarben den Turm mit Anbau, ein Tagwerker und Maurer sind verzeichnet. Noch vor 100 Jahren war das Gebäude für 2.800 Mark zu erwerben. Schließlich war von 1988 bis 2011 das Joseph-Maria-Lutz-Museum darin untergebracht, Einrichtungsgegenstände, Bücher und Dokumente des Heimatdichters wurden darin gezeigt. Einen direkten Bezug zum Turm hatte der Dichter und Ehrenbürger nicht, auch wenn er einmal äußerte, er könne sich vorstellen, im Alter in dem Turm zu wohnen.

Das Museum ist inzwischen ausgezogen in die Joseph Maria Lutz Schule, der Turm wurde liebevoll und aufwändig restauriert, auch der Außenbereich wurde saniert. In diesem Jahr wurde der Turm erstmals als Dichterwohnung für das neu geschaffene Lutz-Stipendium genutzt. Drei Monate wohnte und schrieb der junge Schriftsteller Matthias Jügler darin, der sich in dem historischen Ambiente besonders wohl fühlte.

Bürgermeister Thomas Herker ist nicht nur stolz auf die gelungene und ansprechende Sanierung, sondern auch darauf, dass von den hohen Gesamtkosten von 300.000 Euro für Ausbau und Instandsetzung 230.000 Euro an Fördergeldern übernommen wurden.

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Planung und Durchführung der Arbeiten übernahm das Büro Bergmann, die Architektin Dorothea Köster recherchierte umfassend vor Sanierungsbeginn. Die einzelnen Epochen vom Mittelalter über Barock bis zu Anbauten der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden klar herausgearbeitet und zu einer modernen Nutzung zusammengeführt.

Der Flaschlturm kann über das Hotel Moosburger Hof gebucht werden, der die Nutzung im Auftrag der Stadt Pfaffenhofen anbietet. Darin findet sich eine charmante und ungewöhnliche Wohn- und Übernachtungsmöglichkeit, sehr ruhig und dennoch zentral. Neben Bad und kleiner Küche im Erdgeschoss erwartet die Bewohner auf Zeit im ers-ten Stock, über dem Durchgang, ein Wohn- und ein Schlafzimmer. Hier wurde eine sehr schöne Kombination aus Mittelalter und moderner Wohnung geschaffen, die so einige Gäste besonders verlocken wird. Bücher und Bilder schaffen eine wohnliche Atmosphäre, die Innenräume erinnern eher an eine freundliche Wohnung als an ein Hotelzimmer, selbst der kleine Garten ringsum ist liebevoll gestaltet.