Geheimnisvolles Treiben / Wie der Kalte Krieg nach Pfaffenhofen kam

von Claudia Erdenreich

Stadtarchivar Andreas Sauer stellt in der neuesten Ausgabe der „Pfaffenhofener Stadtgeschichten“ klar, dass der so fern geglaubte Kalte Krieg Anfang der 60er Jahre auch direkt in der Kreisstadt angekom men war. Mit dem Bau eines Fernmeldebunkers war die Stadt im Ernstfall ein lohnenswertes Ziel geworden.

Der Fernmeldebunker am heutigen Heimgartenweg sollte unter größter Geheimhaltung gebaut werden, was in einer Kleinstadt so natürlich nicht möglich war. Umso wilder wuchsen die Gerüchte, manche vermuteten gar Atomwaffen unter der Erde. Tatsächlich war nur ein rund 700 Quadratmeter großer unterirdischer Bunker entstanden, in dem im Ernstfall die militärische Kommunikation aufrechterhalten werden sollte.

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Versteckt: Der Bunkereingang am Heimgartenweg

Waffen, außer einige Maschinengewehre zur direkten Verteidigung, lagerten dort nie – allerdings war der Bunker auch nie zum Schutz der Bevölkerung gedacht. Der in „vollversenkter“ Bauweise, also unterirdisch gebaute Bunker mit den über drei Meter dicken Wänden sollte einen Atomschlag selbst in unmittelbarer Nähe aushalten können, vier Wochen sollten Militär- und Zivilpersonal dann darin noch arbeiten können. Was danach kommen sollte, war aus heutiger Sicht ebenso naiv wie die Versorgung mit Lebensmitteln, die man im Kriegsfall erst herantransportieren wollte.

Selbstverständlich blieb der Bunker auch dem Gegner nicht verborgen, bereits kurz nach der Eröffnung des Bunkers wurden im DDR-Funk alle Mitarbeiter des Pfaffenhofener Bunkers namentlich begrüßt. Der Fernmeldebunker war einer von 34 geplanten und 32 dann gebauten Bunkern in der ganzen Bundesrepublik, die korrekte Bezeichnung lautete spröde „Grundnetzschalt- und Vermittlungsstelle“. Pfaffenhofen lag einfach verkehrsgünstig am Liniennetz der Deutschen Bundespost, das Grundstück zwischen Schrebergärten wies die passenden Voraussetzungen auf, von der guten Verkehrsanbindung bis zur Möglichkeit eigener Brunnen.

48 Räume weist der Bunker auf, die Ausstattung ist nur noch in Teilen vorhanden, dennoch ermöglicht dieses Dokument der Zeitgeschichte einen direkten und beeindruckenden Zugang in die Zeit des Kalten Kriegs. Einer Zeit, in der mit einem atomaren Angriff gerechnet wurde und trotzdem kühl militärisch geplant wurde. Einer Zeit, in der die Welt in zwei feindliche Bündnisse unterteilt war, und man sich mehrmals am Rande eines weiteren Kriegs befand.

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Bürgermeister Thomas Herker und Matthias Scholz, WSP

Mit dem Ende des Kalten Kriegs und schließlich der Wiedervereinigung wurden auch die Bunker, neben zahlreichen anderen militärischen Einrichtungen, überflüssig. Durch den komplizierten Erbpachtvertrag fiel das Grundstück und damit auch der Bunker an Pfaffenhofen zurück. Es gab auf dem Immobilienmarkt keine Vergleichspreise für gebrauchte Atombunker, ebenso wenig wie sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten. Von der Schwammerlzucht bis zur Tauchstation, vom Rotlicht-Hotel bis zum Kunstprojekt reichten die Ideen. Letztlich einigte man sich darauf, den Bunker mit Führungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zeitgleich mit der Öffnung des Bunkers für Touren startete eine Ausstellung im Rathaus-Foyer, in der die Bunkergeschichte noch einmal dargestellt wird. Stadtarchivar Andi Sauer hat wie immer akribisch gearbeitet, Zeitzeugen aufgespürt und in Archiven geforscht. Er fand heraus, dass von den 32 Bunkern bislang nur zwei in Norddeutschland als Zeitdokument zugänglich sind.

Bürgermeister Thomas Herker freute sich zur Ausstellungseröffnung über die sinnvolle Nutzung als Anschauungsobjekt.
Unmittelbar nach der Ausstellungseröffnung startete die erste Bunkertour, an der auch Thomas Herker teilnahm. Ein Teil des Stadtführer-Teams zeigt nun auch den Bunker, das Interesse war sofort groß, die ersten Touren ausgebucht.

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Rohre und Kabel sind noch vorhanden

Altbürgermeister Hans Prechter, der schon als junger Pfadfinder über den Bauzaun des Bunkers gestiegen war, hielt erst noch eine Stadtführung ab, bevor er als Bunkerführer mit der nächsten Gruppe in den Untergrund stieg. Auch in Zukunft wird es sowohl offene Bunkerführungen für alle Interessierten geben (Anmeldung erforderlich!) als auch Führungen für gebuchte Gruppen.

Bunker Tour
www.stadtfuehrungen-pfaffenhofen.de
Tel. 08441 40550-0
5 Euro pro Person / maximal 12 Teilnehmer pro Führung