Von Identität und dem Gegenwert der Geschichte in Euro Die Ausgrabungen am Hauptplatz sind weit mehr als ein lästiger Kostenfaktor

von Claudia Erdenreich

Ein Goldschatz wurde nicht gefunden, und die Geschichte Pfaffenhofens muss auch nicht umgeschrieben werden, die Anfänge bleiben weiter im Dunkeln. Eigentlich wurde überhaupt keine Sensation ausgegraben von den Archäologen, die jetzt tatsächlich Geld kosten und so lange gebraucht haben. Und so denkt mancher recht laut im Umkehrschluss eines bekannten Spruches: Was nichts wert ist, kann doch auch nichts kosten. Fast ein wenig blauäugig schien der Umbau des Hauptplatzes aus historischer Sicht, den Fokus allein auf die Zukunft gerichtet. Diskussionen über Bodenbeläge und Bepflanzung, Parkplätze und Parkbänke füllten Stadtratssitzungen und Kaffeehäuser. Neu sollte der weite Platz werden, einer Metropole würdig oder mindestens einer sehr aufstrebenden Kleinstadt angemessen. Fast mediterran zum Flanieren einladen und die Innenstadt wie durch Zauberhand beleben und den frischen Wind förmlich spürbar machen. Geschichte dagegen fristet in der Kreisstadt, deren Zickzackbalken im Wappen direkt auf die nahen Wittelsbacher verweist, ein karges Dasein. Kein historischer Verein forscht mit akribischer Liebe, die Museen mit sogar internationaler Anerkennung stehen anderswo im Landkreis.

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Einen Steinwurf entfernt errichteten die Kelten ihre Hauptstadt, die Römer brachten der Provinz Rätien ihren antiken Glanz, ihre Münzen und Gefäße liegen noch überall im Boden, im nahen Scheyern nahm das Herrschergeschlecht seinen Anfang, das fast 800 Jahre ganz Bayern lenken sollte. Andernorts im Landkreis ergraben historische Zirkel 7000 Jahre stolzer Heimatgeschichte in Eigenregie oder bewerben sich selbstbewusst um das Museum der bayerischen Geschichte. In Pfaffenhofen ist man dagegen von 1000 Jahren überrascht und wie es scheint fast peinlich berührt. Die Planungen für den Hauptplatz waren diffizil, sogar eine Tiefgarage erschien finanzierbar. Doch unter dem Pflaster vermutete man – nichts. Die Überraschung war echt, als die Bagger auf Knochen und Mauerreste stießen, der Ärger an manchen Stellen mehr als spürbar. Ignorieren ging nicht mehr, das machen die Denkmalschützer nicht mit. Wieso sich noch von ein paar Knochen aufhalten lassen beim Weg zum Vorzeige-Hauptplatz, Geld kosten diese Archäologen und Zeit brauchen sie auch, sie halten den Baufortschritt auf, pinseln mühsam an Knochen, von denen niemand viel wissen will, machen sich mit Dendrochronologie wichtig.

Die Parkplätze fehlten, während Ludwig der Kelheimer und Ludwig der Bayer ins Gespräch kamen. So recht fanden die Großen der Bayerischen Geschichte kein Echo in der Stadt und die unbekannten Kleinen auch nicht, die Funde werden irgendwann ausgestellt, Besucherströme erwartet niemand. Eine seltsame Leere im Umgang mit der eigenen Geschichte ist spürbar, ein Desinteresse, das sich rein am Monetären festmacht. Dabei könnte Geschichte Identität stiften. Konnte ernsthaft jemand annehmen, dass die Erforschung der Stadtgeschichte für ein Taschengeld zu haben ist? Sie werden etwas kosten, die Archäologen, das Geld wäre gut angelegt zur Identifikation mit der eigenen Stadt, die mit Recht mehr sein will und könnte als eine Kreisstadt mit Bahnlinie nach München. So wurde eine Chance vertan und die Ortsgeschichte mit dem Nimbus des Lästigen versehen.

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