Sinnlichkeit der Architektur Der neue Stadtbaumeister Gerald Josef Baumann über seine Arbeit

von Claudia Erdenreich

Von seinem Büro im zweiten Stock des Verwaltungsgebäudes aus hat er einen fantastischen Blick über den Hauptplatz. Seit einem halben Jahr ist Gerald Baumann als Stadtbaumeister in Pfaffenhofen tätig und noch immer begeistert. Er kennt die Region, sein Abitur machte er in Ingolstadt. Danach folgten Studien des Bauingenieurwesens und der Architektur in Regensburg und München und erste Tätigkeiten in verschiedenen Architekturbüros.Seit 1991 ist Baumann im öffentlichen Dienst, zunächst in Eichstätt, dann in Ingolstadt, anschließend übernahm er in Schwäbisch Gmünd die Stelle als Amtsleiter, war in der Stadtplanung und in der Bauordnung tätig. Zuletzt arbeitete er vier Jahre in Freising, bevor er nach Pfaffenhofen kam.
Er wohnt noch immer in Ingolstadt, der sportliche Architekt fährt gern nach der Arbeit mit dem Radl heim. Auch sonst pflegt Gerald Baumann eher ungewöhnliche Hobbys, er interessiert sich für Sprachen und Sprachwissenschaften, hat sich mit mehreren Fremdsprachen und vor allem mit seiner Muttersprache Bairisch beschäftigt, ihn interessiert einfach die Herkunft der Sprachen. Zudem entspannt er sich beim Malen.

baumann

Denken in Dekaden
Vor allem aber sind Städte und Stadtplanung nicht nur sein Beruf, sondern auch Berufung und Leidenschaft. An seinem Aufgabenfeld schätzt der Architekt, dass dieses alle Bereiche umfasst – Architektur, Menschen und Soziales. „Ein Stadtplaner muss in Dekaden denken“, betont er, Kurzfristigkeit ist hier nicht gefragt.Nur selber entwerfen kann er in seiner Position nicht mehr wie er es sich wünschen würde, was er ein klein wenig bedauert.

Die Stadt Pfaffenhofen findet Ge­rald Baumann ideal, er möchte keine Großstadt betreuen, das wäre ihm zu unpersönlich, zu groß, zu theoretisch. Hier kann er sich um alles kümmern. Im Stadtbauamt werden Bauanträge geprüft, die Tätigkeiten umfassen Stadtsanierung, Zuschusswesen, Bebauungspläne, Hochbau und Tiefbau. Dazu gehören Schulen und Kindergärten und deren Sanierung ebenso wie Straßenbau und Spielplätze.

Der Stadtbaumeister wünscht sich darüber hinaus eine Stadtplanungsabteilung, die bisher in der Kreisstadt fehlt, auch ein Verkehrskonzept sollte erstellt werden. Natürlich geht dies nicht in kurzer Zeit, aber Stadtplanung ist immer eine langfristige Sache.Gerade für eine Stadt wie Pfaffenhofen ist es wichtig, langfristig zu planen. Die Baulandpreise sind in den letzten Jahren regelrecht explodiert, das ist die Kehrseite der Medaille einer wirtschaftlich florierenden Region mit vielen Arbeitsplätzen.

Nach wie vor ziehen mehr Menschen nach Pfaffenhofen als weg, viele flüchten vor den hohen Preisen in den nahen großen Städten. Hier ist es wichtig, die Weichen zu stellen, damit Pfaffenhofen eben keine Schlafstadt wird. Das Einheimischenmodell ist da eine Stellschraube, eine aktive Baulandpolitik der Stadt könnte eine zusätzliche Verbesserung bringen.Ganz aktuell geht es im Stadtbauamt unter anderem darum, die Eishalle zu sanieren, Kindergärten fertig zu stellen, das Schulzentrum zu erneuern und die kleine Landesgartenschau mit vorzubereiten. Für Gerald Baumann ist es besonders wichtig, was von so einer Gartenschau bleibt, also Bürgerparks und Grünflächen mitten in der Stadt, die auch langfristig die Lebensqualität verbessern. Eine Gartenschau kostet immer viel, hat aber bislang allen Städten Mehrwert gebracht.

Gerald Baumann ist seit April im Amt und fühlt sich hier sehr wohl. „Pfenninguat“ sei die Stimmung im Amt, erklärt er lachend und lobt die tollen Kollegen und die sehr gute Zusammenarbeit. Auch das Verhältnis zum Bürgermeister bezeichnet der berufsmäßige Stadtrat als sehr gut, „seine Dynamik steckt einfach an“.

Viertel mit Denkmalcharakter
Gerald Baumann kannte Pfaffenhofen bis April nicht näher, den Hauptplatz schätzt er aber schon seit seinem ersten Arbeitstag als tolles Ensemble, das so nur wenige Städte haben. Hervorragend umgebaut und toll genutzt sieht er den Hauptplatz, ebenso gern sähe er noch weitere Einkaufsmagneten hier. Es gibt tolle Wohngebiete, das Beamtenviertel hat für ihn fast Denkmalcharakter.Für Gerald Baumann stellt der Denkmalschutz einen wichtigen Baustein der Stadtentwicklung dar. Historische Gebäude machen den Charakter einer Stadt aus. Für ihn ist es wichtig, Gebäude zu erhalten, wo das möglich ist, wenn das nicht gelingt, ist bei einem Neubau die Gestaltung um so wichtiger. Banalität zerstört den Charakter von Städten. „Denkmalpflege ist teuer“, das ist ihm bewusst, gerade heute, wo es nur noch wenig staatliche Unterstützung für die Bauherren gibt.

Offener Umgang in der Stadt
Selbstverständlich pflegt der neue Stadtbaumeister auch zu den Bauträgern der Stadt einen offenen und ehrlichen Umgang. „Jeder soll seine Verantwortung ernst nehmen“, findet er. Dabei ist im klar, dass es nicht immer möglich ist, alte Gebäude zu erhalten, auch ein Neubau in einer historischen Altstadt kann gut gestaltet werden und eine Spannung als alt und neu erzeugen.Sogar historisierende Bauten lehnt er anders als die Denkmalpflege nicht immer völlig ab, wenn sie Wunden heilen, zur Stadtreparatur beitragen, wie etwa der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden. Neu und alt in Harmonie ist sein Ziel, eine Sinnlichkeit in Räumen, Material und Lichtführung.

Pfaffenhofen sieht der Stadtbaumeister in einer komfortablen Lage, es sind stadtstrukturell keine gro­ßen Sünden gemacht worden. Gerald Baumann möchte im Stadtrat aber ein Bewusstsein erzeugen: „Wir müssen etwas ändern, damit es so bleibt, wie es ist.“Sein Ziel bleibt eine nachhaltige Stadtentwicklung, damit Pfaffenhofen lebenswert und liebenswert bleibt und ihren Charme und Reiz behält.Dabei wird ihm sicher auch die Figur des heiligen Josef helfen, ein Erbstück des Vaters, das im Büro steht. Der Zimmermann, der so gut zum Stadtbaumeister passt wie sein Name.