Mit Gummistiefeln aufs Huegelgrab

von Lorenz Trapp

Man mokiert sich. Für manche Menschen gehört sich das so. Sie müssen; sie können gar nicht anders. Kaum legen sich die Pflasterer ins Zeug und Steine auf den Hauptplatz, stehen sie schon da, die Kritikaster, und legen los. Warum, möchte da doch tatsächlich einer wissen, hat der Hauptplatz einen Katzenbuckel bekommen?
Auch wenn wir wissen, dass sie keine vernünftige Antwort geben werden, stellen wir – wir können einfach nicht anders – eine Gegenfrage: Warum legt der Indianer die Hand über den Augen an die Stirn, wenn er was erspähen will? Wir sind großzügig und liefern die Antwort gleich mit: Weil er mit der Hand auf den Augen nichts sieht!

Warum Katzenbuckel? Weil ein Kamelbuckel viel schlimmer wäre. Und exotischer, und dazu riechen Kamele vollkommen anders. Und außerdem hat der Mann keine Ahnung von einem Katzenbuckel – oder die Hand auf den Augen.
Der Hauptplatz hat keinen Katzenbuckel. Höchstens eine Wölbung, eine konvexe, um genau zu sein, und die hat ihren Grund. Manch einer, der zu lange in Urlaub war oder die Baustellenphase verschlafen hat, vermutet ja, es befände sich eine Grabstätte unter dem Hauptplatz, ein bei den Grabungsarbeiten zufällig entdecktes Hügelgrab, das nun mit historischem Sachverstand wieder hergestellt worden ist. Das ist Unsinn. Eher ließen wir den Hauptplatz wegen der vielen großen Steine noch als Hünengrab durchgehen.

huegelgrab

Die Wölbung macht Sinn. Nach der Verordnung für die Verlegung dieser Art Granitsteine, die auf dem Hauptplatz zum Zuge kommt, soll der Neigungswinkel des Pflasters 3% betragen. Der Neigungsgrad ist abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit des Steins, und der nun brav auf dem Hauptplatz liegende asiatischer Provenienz erfordere eben diese Neigung, damit bei Regen das Wasser brav ablaufen und bei Kälte nicht gefrieren kann. Die bösen Zungen behaupten nun, sie hätten nachgemessen und ein Ergebnis von 4% eruiert, was in oben genannten Kreisen zu Befürchtungen Anlass gibt.

Petrus, der Wetter-Chef, bescherte uns großzügig noch einige schöne Spätherbsttage, an denen die Nörgler sich im Café versammelten und in die Katastrophe sinnierten. Was passiert bei einem Platzregen? Sie wissen es: Zum Rathaus hin, vor dem sich die Wölbung verneigt, wird sich ein Sturzbach ergießen und dem Flaneur Gelegenheit bieten, ein Fußbad zu genießen.

Wir denken positiv und haben deshalb bei der Stadtverwaltung die Installation eines Verkaufsstandes beantragt. Gegenstand unserer Geschäftstätigkeit wird sein der Vertrieb von Gummistiefeln. Wir werden uns bemühen, einen Gummistiefel-Hersteller aus dem asiatischen Bereich zu finden, um mit der Korrespondenz von Stiefel und Pflasterstein einen Anflug von Ganzheitlichkeit zu schaffen. Im Übrigen glauben wir, dass über die Sache einfach Gras wachsen muss.