Ein Traumtänzer zwischen den Tasten

Akkordeon und klassisches Klavier unterrichtet der Instrumentallehrer Jioseph Obermaier – von der Pike auf

Von Lorenz Trapp

Es gibt tatsächlich Leute in der Stadt, die ihn für den besten Musiklehrer südlich der Donau halten. Angesichts solchen Lobs lehnt er sich genüsslich im Kaffeehausstuhl zurück. Gleich nebenan, in der Spitalstraße, liegt sein Unterrichtsraum. „Südlich der Donau?“ Jioseph Obermaier schüttelt ungläubig den Kopf, kippt wieder nach vorne und lächelt: „Des Universums, würde ich sagen – um das bescheiden einzuschränken!“ 

Den „Bundesadler“ machte Jioseph Obermaier an der Berufsfachschule für Musik in Altötting, und seitdem darf er sich „Staatlich geprüfter Instrumentallehrer“ nennen. Doch allzu wichtig nimmt er das nicht. Es bietet dem 43-Jährigen zwar die Möglichkeit, in der Musikschule Unterricht zu erteilen, doch seine Privatstunden erlauben ihm eine lockere Terminplanung. Leger und locker, so gibt er sich nicht nur, so ist er auch, und wenn er über seinen Musik und seine Schüler spricht, lacht das musikalische Herz aus seinen Augen.

traumtänzer

Ein wehmütiger Blick auf
das erste Kinderakkordeon
Eine Mischung sei er, so erzählt der gebürtige Paunzhausener, aus Chiemgauer Musikantenblut väterlicherseits und dem erdigen Holledauer Charme mütterlicherseits. Vom Vater, einem leidenschaftlichen Akkordeon, erhielt er als 7-Jähriger sein erstes Akkordeon. „Ein Kinderakkordeon“, blickt er heute ein bisschen wehmütig zurück, doch bereits zwei Jahre später versuchte er sich auf dem „richtigen“ – mit Erfolg. Gelernt hat er vom Gründer der legendären Stocker-Kapelle, der regelmäßig in sein kleines Heimatdorf kam, um Unterricht zu erteilen.

„Ausgesehen hat er wie Beethoven, ein sehr netter Mann“, erinnert sich Jioseph noch vage, und wir hatten einen Sonderpreis, weil etliche meiner sechs Geschwister ihre Quetsche in die Grundschule hinaufgezogen haben“. Dann wird der Musiker zum Geschichtenerzähler: „Die Schule war eigentlich ein Schwarzbau“, lacht er, „die Kinder hätten nach Schweitenkirchen zum Unterricht gekarrt werden sollen!“ Und was machten die Dörfler? Sie sagten „Nein!“ Und bauten eine eigene Schule. Glaubwürdiger klingt, dass er als Bub Elvis Presley hörte – „Are You Lonesome Tonight?“ – und endgültig den Beschluss fasste, Musiker zu werden.

Davon konnte ihn auch nicht abhalten, dass er bei der Post eine Ausbildung absolvierte, eine Zweigstelle leitete, als Springer im gesamten Landkreis eingesetzt wurde – und oft samstags arbeiten musste: „Ging schlecht!“, sagt er jetzt lapidar, denn damals war er bereits mit seiner „Hochzeitsband“ unterwegs. Also wechselte er zur Bank. Der Kontakt mit den Kunden, „mit den alten Damen und den Mädels“, habe ihm zwar sehr gut gefallen, doch die Wildnis rief – die Wildnis in Form von Noten!

Eines Tages kam ein Anruf: „Kannst du auf unserer standesamtlichen Hochzeit spielen?“ Jioseph konnte, wollte den Trend der Zeit nutzen – und machte auf Künstler: „Schwarzes T-Shirt, schwarze Schuhe, Jeans mit Löchern – was einen Popstar eben ausmacht!“ Wie ein Schauspieler, der einen Künstler spielt, sei er sich vorgekommen, doch nun musste er durch: Programmhatte er keines, denn er war überzeugt davon: „Wenn ‚Ave Maria‘ dabei ist, bin ich auf der sicheren Seite“. Etwas zu früh erschien er zum vereinbarten Termin, und so konnte er vor dem Rathaus einen „richtigen Auflauf“ beobachten: mit Fernsehen, Presse, Fotografen. Der Trauungssaal war brechend voll, und Jioseph wurde es dann doch leicht mulmig, als sich herausstellte, dass es sich um die „Traumhochzeit des Landkreises“ handelte – und er nicht nur mittendrin, sondern an vorderster Front! „Ich habe mich an den Flügel gesetzt, die Leute haben nett hergegrüßt, mit Elton John habe ich angefangen und bin dann langsam ins Ave Maria hinübergeglitten …“

traumtänzer1

Jioseph atmet noch einmal, Jahre später im Kaffeehaus, tief aus: „Das war’s!“ Anschließend fuhr er nach Hause und schrieb seine Kündigung. Und tatsächlich, es funktionierte: Ein Jahr später verdiente er mit seiner Leidenschaft, der Musik, bereits mehr Geld als vorher. „Für eine Landpomeranze wie mich war das phantastisch!“ Mit der Hochzeitskapelle „Sowieso“ zog er nun von Hochzeiten in Bierzelte, spielte auf Faschings- und Silvesterbällen und gab – natürlich – Unterricht. Waren es mit der Band hauptsächlich Tanzmusik und Coversongs von Rock bis Pop, so spielte er, wenn er als Alleinunterhalter loszog, bevorzugt seine „eigenen Sachen“. Und falls jemand meinte, er spiele „so romantisch“ Klavier, da gehöre doch ein Saxophon dazu, dann holte er sein Kazoo heraus, diese kleine Plastikrohr: „Klingt zwar nicht so gut wie ein Saxophon“, doch in Verbindung mit einer sanft und gefühlvoll angeschlagenen „Cowbell“ – Jioseph hebt den Blick wie einen Zeigefinger: „Nicht zu verwechseln mit einer Kuhglocke!“ – lasse es Träume aufwachen, und ruhiges Meeresrauschen zieht heimelig über die Gräser einer stillen Alm …

Kinder, Jugendliche und
eine ältere Dame am Klavier
„Ich liebe das Träumen“, meint Jioseph, „und im Grunde sind meine Lieder bairische Popmusik, mit Träumen, und viel Spaß darf selbstverständlich auch dabei sein!“ Der Spaß zeigt sich auch in dem Musical, das er gerade mit einigen seiner Schüler schreibt: „Es beginnt mit einem langsamen Walzer von Seal – und die Kids sind ganz verrückt auf Schlaginstrumente!“ Jioseph Obermaier kriegt dies alles auf die Reihe. Zum Klavierunterricht kommen nicht nur Kinder und Jugendlich, nein, auch eine ältere Dame ist dabei, die mittlerweile so gut Klavier spiel, dass sie „eigentlich“ hauptsächlich das Ratschen genießt und die Tasse Kaffee, „und letztes Mal hatte sie sogar ihren Pudel dabei!“

traumtänzer2

Wie begleite ich Popsongs? Wie begleite ich meinen Gesang? Fragen, die Jioseph gerne beantwortet, und auch wer klassisches Klavier in Theorie und Praxis „von der Pike auf“ lernen will, ist bei Jioseph an der richtigen Adresse. Demnächst zu hören und zu sehen ist der Musiklehrer übrigens in der „Nacht der Kunst“ am 8. Juli bei „Marions Mode“ in der Löwenstraße – südlich der Donau, im Universum!

Jioseph Obermaier
Tel. 08444/924915
Mobil 0160/97907596