von Lorenz Trapp
Unwirsch würde er reagieren, der kleine König Kalle Wirsch, wenn er erleben dürfte, was sich dieser Tage in unserer schönen kleinen Stadt abspielt. Doch wie es sich für einen anständigen König gehört, hält er in seiner Puppenkiste die Klappe.
Wir wissen nicht, ob Sophia Hautmann noch in der Puppenkiste kramt. Allerdings wissen wir, dass sie in den Endzügen ihres Magisterstudiums liegt und auch die Sprache der prächtigsten Könige studiert: Französisch! Wird sie jedoch nicht brauchen. Man hat sie bereits vergessen, die frisch gekürte Volksfestkönigin, die sich nach ihrem Wahlsieg, so stand zu lesen, vom Conférencier und dem Kulturreferenten abbusseln lassen musste. Ein hoher Preis für nichts, würde Kalle Wirsch sagen.
Es gehört zum Wesen der Demokratie, dass alle Macht vom Volk ausgehe, und wir 60-jährigen Demokraten sind mittlerweile so schlau geworden, dass wir uns unsere Könige selbst wählen. Zum Wesen der Dummheit gehört, dass sie tatsächlich in der Lage ist, sich selbst zu überlisten. Also wählen wir uns Königinnen – und lassen sie dann links oder rechts liegen.
Beim Bunten Bundes-Gipfel jedenfalls war keine Königin zu sehen. Dafür hatte ein moderater König seinen Hofstaat mit zarter Knute im Griff, lobte die auf der Bühne demonstrierte Demokratie und endete mit der Erkenntnis: „Der Wahlkampf hat begonnen!“ Na endlich! Und keine Königin mehr. La reine negligée. Wozu haben wir sie überhaupt gewählt? Dieser großzügige, ja sorglose Umgang mit unseren frisch gewählten Würdenträgerinnen stürzt uns gewaltig ins finstere Loch des Nachdenkens, und mit einem Vorschlag kommen wir wieder ans Licht: Wir machen die Volksfestkönigin zur Stadtkönigin!
Was hätte unsere Stadtkönigin, die nach eigener Aussage selbst gerne Bier trinkt, einem Herrn den Marsch geblasen, der sich erdreistet, auf dem Kreisbauerntag für jedes bairische (oder meinte er, als Staatssekretär: bayrische?) Volksfest ein Milchzelt vorzuschlagen! Gemolken hätte sie den Mann!
Vielfältige Aufgaben warten also auf unsere Stadtkönigin, und zuallererst, wie schon der Kulturreferent bei der Verabschiedung der letzten Volksfestkönigin in weiser Voraussicht bemerkte, braucht sie ein neues Kleid: „Das nächste Mal, liebe Königin, will ich Dich nicht im Dirndl sehn“. Wir schlagen einen eleganten Mix aus kindlichem Taufkleid und königlicher Robe vor. Der Stadtrat nämlich befasst sich ernsthaft mit dem Vorschlag, den Christkindlmarkt auf vier Wochen auszudehnen, und dort würde sich selbstverständlich eine adäquat gekleidete Stadtkönigin, täglich ihre repräsentativen Pflichten mit Freude wahrnehmend, aufs Vortrefflichste wohlfühlen.
Wir, die wir die Stadtkönigin präferieren und auch entsprechend walten lassen wollen, gehen sogar noch weiter und schlagen die Ausdehnung des Christkindlmarkts auf das ganze Jahr vor. Wie mehr könnten wir dem Fest der Liebe, um dessentwillen dieses Markttreiben veranstaltet wird, unseren Respekt erweisen? Unsere Stadtkönigin hätte, wenn wir ihr schon nichts Besseres bieten, alltäglich eine Aufgabe. Und vielleicht sollten wir auch das Volksfest …
Wie würde Kalle Wirsch sagen, der König aller Könige aus der Puppenkiste? „Es genügt nicht, dumme Gedanken zu haben; man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.“ Da, würde ich sagen, können wir noch was lernen.