„… die ließen’s krachen, ließen’s blitzen …“ Stegerschützen Pfaffenhofen feiern 125-jähriges Vereinsjubiläum

von Hellmuth Inderwies

Man kennt sie allenthalben als „Stegerschützen“, zumal auch ihre „Wiedergründung“ im Jahre 1952 in der gleichnamigen altbayerischen Bierwirtschaft „Stegerbräu“ in der Ingolstädter Straße in Pfaffenhofen über die Bühne ging. Weil man sich aber daran erinnerte, dass der Schützensport lange vor dem alliierten Verbot nach der deutschen Kapitulation 1945 in diesem Hause schon beheimatet war und noch in den Vorkriegsjahren betrieben wurde, gingen im Rahmen der 40-Jahrfeier dieser erneuten Vereinsgründung der damalige Stadtrat Sepp Reiter und der ehemalige städtische Kulturreferent Alfred Schmid der Geschichte dieser Vereinigung nach.

Und sie fanden im Stadtarchiv den urkundlichen Beleg, dass bereits am 18. November 1888 der Beschluss zur Gründung der „Zimmerstutzen-Schützengesellschaft die Ruaßigen’ Pfaffenhofen“ gefasst und am 24. November mit Zustimmung des Stadtmagistrats von Bürgermeister Ludwig Lechner genehmigt wurde, ohne dass sich der Verein, dem von Anfang an auch Frauen angehörten, in der Folge irgendwann einmal aufgelöst hätte.

Seit 15 Jahren führt er nun auf Beschluss der Generalversammlung wieder diesen historischen Namen, wobei allerdings sein Beiname bis zum heutigen Tag Rätsel aufgibt. Rührt er vom Pulverruß her, der die Gesichter der Schützen schwärzte oder vom erlernten Beruf des damaligen Stegerwirts Alois Heilmeier, der Kaminkehrer war, oder gar von dem dunklen Bier, das man in gro-ßen Mengen trank, um beim Schießen für eine ruhige Hand zu sorgen? Die ursprüngliche Bedeutung von „rußig“ (althochdeutsch „ruos“, mittelhochdeutsch „rus“) ist „dunkelfarbig, schmutzfarbig“ und konnte auf alles Mögliche zutreffen. In diesem Jahr feiert nun der Verein als einer der ältesten in der Sport-geschichte Pfaffenhofens sein 125-jähriges Jubiläum.

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Brauchtum, Tradition und
Geschichtsbewusstsein

In keiner Sportart werden heute Brauchtum, Tradition und Geschichtsbewusstsein so gepflegt wie bei den Schützenvereinen, die in ihrer jetzigen Organisationsform zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden sind, als sie als Freikorps, die sich aus allen Schichten der Bevölkerung zusammensetzten, am Krieg gegen Napoleon teilnahmen. Eines der bekanntesten ist das des Freiherrn von Lützow, in dessen Reihen der junge deutsche Dichter Theodor Körner kämpfte und mit 22 Jahren ums Leben kam. Er ist Namenspatron nicht weniger deutscher Schützenvereine. Nach der Befreiung von der napoleonischen Herrschaft gehörten die Freikorps als Nationalliberale zur Opposition gegen die Adelsherrschaft und hatten erheblichen Anteil bei der Durchsetzung demokratischen Gedankenguts in Deutschland. 1861 gründeten die daraus hervorgegangenen Schützengesellschaften die Dachorganisation des Deutschen Schützenbundes, um auf Vereinsebene anhand einheitlicher Regeln und Waffen gemeinsame Wettkämpfe durchführen zu können.

Nach der Reichsgründung 1871 schwand allerdings das Interesse an ihnen erheblich, weil eine Vielzahl von Krieger- und Veteranenvereinen mit zumeist sehr nationalistischer Ausrichtung gegründet wurden, bei denen man mit Militärgewehren schoss. Ihnen galt jetzt die Sympathie des Großteils der Bevölkerung, obwohl der Schützensport ab 1896 zu den olympischen Disziplinen gehörte. In der Weimarer Republik wurde er aufgrund der Regelungen des Versailler Vertrags (1918) in Deutschland weiterhin stark eingeschränkt. Dass trotzdem viele Schützenvereine anschließend auch die nationalsozialistische Zeit überstanden, lag daran, dass sie jene demokratische Grundüberzeugung der Vormärzzeit gegenüber der nationalen Gesinnung in den Hintergrund treten ließen. Ihre Ursprünge freilich reichen zurück bis ins Mittelalter, wo sie als Gilden und Bruderschaften mit Gemeinschaftsaufgaben, vor allem Schutzfunktionen, betraut waren und seither vorweg bei den Schützenfesten die Pflege der regional recht unterschiedlichen Tradi-tionen erhalten konnten. Ihre zumeist geschichtsträchtigen Wahlsprüche geben Hinweise auf ihr gesellschaftliches Selbstverständnis: „Schutz dem Schwachen, Hilfe in der Not, sei uns Schützen stets ein Gebot!“ – „Glaube – Sitte – Heimat!“ – „Im Herzen Wahrheit, im Auge Klarheit!“

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Konzentrationsfähigkeit und
Verantwortungsbewusstsein

„Wenn Treue und Glaube walten, bleiben die Ruaßigen erhalten“ ist auf der Rückseite der neuen Vereinsfahne der Stegerschützen zu lesen, die während der Jubiläumsfeierlichkeiten bei einem Festgottesdienst in der Stadtpfarrkirche geweiht wird. Der gegenwärtig 81 Mitglieder zählende Verein mit einer guten Altersstruktur pflegt ein außerordentlich familiäres Vereinsleben, das neben den Wettkämpfen in einer Vielzahl gemeinschaftlicher Veranstaltungen zum Ausdruck kommt und vor allem auch stets die Kinder und Jugendlichen einbezieht. Gerade sie werden beim Schützensport zu außerordentlichem Verantwortungsbewusstsein, zu Disziplin, Ordnung und Konzentrationsfähigkeit erzogen. Wie nur in wenigen Sportarten sind gerade hier Fairness und Selbstbeherrschung gefordert. Wenn bei einzelnen schlimmen
Vorkommnissen immer der ganze Schützensport mit seinen äußerst harten Auflagen in der Öffentlichkeit pauschal diskriminiert wird, dann geht dies an der Realität vorbei.

Das Fundament für ein stets harmonisches und erfolgreiches Vereinsleben bei den Stegerschützen in der Nachkriegszeit legte Jakob Tischner, der 26 Jahre (1958 – 1984) als 1. Schützenmeister an der Spitze stand und kurz vor seiner Ernennung zum Ehrenschützenmeister verstarb. Sein Nachfolger Manfred Schweighard sen. (1985 – 2004) holte den Verein aus einer zwischenzeitlichen Flaute, die eingetreten war, indem er den Mitgliederstand fast verdreifachen konnte und bis 1987 einen modernen Schützenstand im Stegerbräu erstellen ließ. Zwar wurde nicht mehr wie im Gründungsjahr 1888 bei Kerzenlicht geschossen (Pfaffenhofen erhielt erst 1899 elektrischen Strom.), doch der Sportbetrieb in der Gaststube barg zu viele Gefahren. Einmal fiel ihm ein Fernseher zum Opfer, so dass man ins Nebenzimmer auswich und durch zwei Fenster auf zwei mit Handkurbel betriebene Stände in der Speisekammer feuerte. Bereits 1986 hatte der rührige Vorsitzende die Aufnahme der Stegerschützen ins Sportgremium Pfaffenhofen getätigt, das dem auch in dieser Arbeits-gemeinschaft sehr aktiven Verein bereits 1990 die Ausrichtung der 11. Stadtschützenmeisterschaft anvertraute.

Eine Rekordteilnahme von damals 245 Schützen war die Folge des neuen Aufschwungs. 1992 wurde zudem auf Initiative von Erich Halmich und Anton Selles eine Böllerschützengruppe aufgebaut, die heute bei öffentlichen Festen häufig lautstark auf sich aufmerksam macht. Seit dem Tod von Manfred Schweighard sen. im Jahre 2004 trägt sein Sohn Manfred Schweighard jun. als 1. Schützenmeister die Verantwortung. Ihm ist es ein Anliegen, den Verein zusammen mit seiner ambitionierten Vorstandschaft auf diesem Fundament zu weiteren Erfolgen zu führen. Dass er selbst 2005 Landesschützenkönig von Bayern wurde und seine Schwester Gerlinde Reisner als 2. Schützenmeisterin zugleich seit 2 Jahren das Kommando in der Sportschützensektion Reichertshofen führt, hat die Wertschätzung der Stegerschützen in der Öffentlichkeit weiter gesteigert. Vor kurzem belegte in der Schülerklasse ihre Tochter Stefanie bei der Deutschen Meisterschaft bei knapp 200 Schützen einen hervorragenden 23. Platz mit 191 von 200 möglichen Ringen und lag dabei nur 6 Ringe hinter dem Sieger. Alle Teilnehmer mussten sich mit hervorragenden Plätzen bei Vereins-, Gau- und Landesmeisterschaften qualifizieren.

Unter solchen Voraussetzungen können es die Stegerschützen bei ihrem Jubiläum, dessen Schirmherrschaft der 1. Bürgermeister, Thomas Herker, übernommen hat, zu Recht „krachen und blitzen lassen“, weil „der Pulverdampf ihre Lust war“, wie es in ihrer Vereinshymne heißt. Sie hat vor Jahren ihr Mitglied Alfred Schmid zusammen mit einem Einakter über ihre Gründung im Jahre 1888 geschrieben. Beide werden im Rahmen der Feier im Stockerstadel eine wichtige Rolle spielen.

Festprogramm zum 125-jährigen Jubiläum der Stegerschützen Pfaffenhofen am 12. Oktober 2013

  • 14.00 Uhr
    – Empfang der Ehrengäste und Vereine am Kirchplatz (zwischen Pfarrheim und Kirche)
    – Ausgabe der Festzeichen und Erstellen eines
    – Erinnerungsfotos ihres Vereins
  • 15.00 Uhr
    Festgottesdienst mit Fahnenweihe in der Stadtpfarrkirche
  • 16.15 Uhr
    Festzug von der Stadtpfarrkirche zum Stockerhof (Stadl)
  • 17.25 Uhr
    Aufstellung der Fahnenträger und der Schützenkönige
  • 17.30 Uhr
    – Beginn des Ehrenabends mit Begrüßung der Vereine und Einzug der Fahnen und Schützenkönige
    – Festansprachen
  • 18.15 Uhr
    Gemeinsames Abendessen
  • 19.30 Uhr
    Aufführung unserer Gründungsszene
  • 20.00 Uhr
    Musik und Tanz mit der Stadtkapelle Pfaffenhofen dazwischen Ehrungen
  • 21.30 Uhr
    Überreichung der Erinnerungsgeschenke anschließend Musik mit Tanz
  • 24.00 Uhr
    Ausklang des Festabends