Die Kunst des Kampfes im kleinen Teeladen

Nach einem Tässchen wagt sich Lorenz Trapp auf die Matte

„Tee trinken und das Getöse der Welt vergessen“ empfiehlt uns Meister T’ien Yi-heng aus China, und so fällt uns die Entscheidung letztendlich leicht, wenn wir auch in der Spitalstraße erstmal unschlüssig vor der Glastür standen. Links lädt sanftmütig ein der „Yido-Shop“, der kleine Teeladen, rechts prangt in großen Buchstaben „Taekwondo – Fitness – Hapkido“ und verheißt Martialisches in der „Yi-Jing-Do-Kampfkunstakademie“.

„Abwarten und Tee trinken“ flüstert unsere bange, von chinesischen Weisheiten unberührte Seele, und so wenden wir uns nach links, in das Reich von Sabine Wischhöfer. Alles bestimmt der Tee. „Ich habe selbst immer gerne Tee getrunken“, erzählt sie, „und da bleibt es nicht aus, dass man irgendwann die Beutel-Zeit beendet und sich richtigem Tee zuwendet“. In kleinen Dosen, in großen Dosen, in hübschen Tüten füllt er die Regale im kleinen Laden. Tee aus aller Welt bietet Sabine Wischhöfer: Grüntee aus China und Japan, weißer Tee, Schwarztee, Rooibushtee aus Südafrika, und ganz neu im Sortiment exklusive Tees aus Südkorea, wie Ginseng-, Ingwer- und Bambustee. Alle stammen aus ökologischem Anbau und sind hergestellt nach urspünglichen, originalen Rezepturen.

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Der Hapkido-Meister: Uwe Wischhöfer blickt entspannt von der Kampfschulenmatte

Daneben finden sich Sanddornliköre und edle Fruchtaufstriche sowie Konfitüren und Marmeladen von der Konditorenweltmeisterin aus München. Schokoriegel und Trinkschokoladen in ausgewählten Geschmacksrichtungen komplettieren das Sortiment. Für Sabine Wischhöfer ist einfach wichtig, dass sie „was Besonderes“ bietet, und was Besonderes sind auch die Tassen und Kannen aus Porzellan und Keramik, die sie im kleinen Teeladen, der auch als Online-Shop jederzeit zum Bestellen einlädt, für den passionierten Teetrinker bereithält. Dazu gehört natürlich, dass sie – auch nach individuellem Kundenwunsch – Geschenksets komponiert, die sich wunderschön verpackt als ideales Mitbringsel für liebe Menschen präsentieren.

Entwickelt hat sich der Teeladen eigentlich in Symbiose mit der Kampfkunstakademie ihres Mannes: „In den Pausen oder zum Abschluss des Trainings trinken wir immer Tee“. Aus diesem Ritual entstand die Idee, die Kraft des Tees auch parallel zur Schule wirken zu lassen, und für uns bedeutet dies, dass uns der Weg ins rechte Reich, in die Kampfkunstakademie von Uwe Wischhöfer nicht erspart bleibt: „Auf in den Kampf!“ Rote und blaue Matten bedecken den Boden in dem großzügigen Raum, in einer Ecke stehen sauber geordnet die Utensilien für das Training, von der großen Wand inspirieren überdimensionale Fächer mit fernöstlichen Motiven und das Zeichen für Yin und Yang weist darauf hin, dass es Uwe Wischhöfer um mehr geht als Kampf.

Seit seinem elften Lebens Jahr betreibt Uwe Wischhöfer Kampfsport. Er begann mit Jiu-Jitsu. „Leider war ich immer einer derer, die verdroschen wurden“ und eines Tages sagte sein Vater: „Du gehst da hin!“ Und das war gut: „Mit einer Kampfkunst“, weiß Uwe Wischhöfer heute, „arbeitest du auch an deinem Selbstbewusstsein, und irgendwann hatte ich dieses Zeichen ‚Ich bin Opfer’ nicht mehr auf der Stirn: Geschlagen wurde ich dann nicht mehr!“ In den 80-er Jahren wollte er herausfinden, wie gut er im Kampfsport war, wurde Deutscher Vizemeister im Full-Kontakt-Allstyle-Karate und gehörte zu den Ersten, die Kickboxen in Deutschland erfolgreich vorgeführt haben.

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Sabine Wischhöfer: Belebende Tees aus hübschen Porzellankannen

Am Anfang stehen Meditation,
Atemübungen und Qigong
Nun allerdings, in seiner eigenen Schule, die er seit 2002 leitet, liegt das Hauptgewicht auf Fitness und Gesundheit – nicht mehr nur auf Kampf und Sport. Seine Philosophie gründet sich auf das Yi-Jing, das alte chinesische „Buch der Wandlungen“. Yi-Jing-Do, den Namen seiner Akademie, übersetzt Uwe Wischhöfer mit „Wandlung-Methode-Weg“, ein Weg, der fließend und wandlungsfähig ist wie Wasser und sowohl weich und nachgiebig wie auch stark und kraftvoll sein kann.

Den Unterricht beginnt er stets mit Meditation und Atemübungen, dann folgen schonende Übungen, um Gelnke, Bänder und Muskeln beweglicher zu machen. Dabei greift er auf Techniken aus Yoga und Qigong zurück, die das Wohlbefinden verbessern, Verspannungen lösen und die Lebenskraft aus der Körpermitte aktivieren. Vorkenntnisse sind für diesen Gymnastik- und Fitnessunterricht nicht erforderlich, hier steht der Mensch als Ganzes im Mittelpunkt, der damit Stress und Energieblockaden abbaut, allgemein entspannt, seine Muskulatur kräftigt und mit neuer Vitalität wieder Spaß an Bewegung findet.

Die Kampfkunst, die Uwe Wischhöfer unterrichtet, heißt Hapkido, der „Harmonie-Kraft-Weg“. Eine Hälfte davon bilden die Techniken des Taekwondo, die zweite Hälfte konzentriert sich auf das „Chi“, die Lebenskraft, und geht damit über andere Kampfkünste hinau. Hapkido dient im Grundsatz der Selbstverteidigung und entwickelte sich nicht zu einem Wettkampfsport, sondern konzentriert sich weiterhin auf die inneren Werte. Auch körperlich unterlegene Personen lernen, sich sogar auf engstem Raum aus schwierigen Situationen zu befreien: „Das funktioniert auch in der Telefonzelle“, sagt der Hapkido-Meister, denn Hapkido weist eine Vielzahl von Techniken mit und ohne Waffen auf, die diese Kampfkunst in der Verteidigung zu einem äußerst effizienten Mittel machen.

Hapkido verwendet auch Druckpunkttechniken aus der Traditionellen Chinesischen Medizin: „Wo der Heilpraktiker mit Akupressur Blockaden löst, kann ich in der Selbstverteidigung Blockaden schaffen – es ist nur eine Frage der Dosierung!“ Uwe Wischhöfer findet diese Techniken wegen des geringen Kraftaufwands gerade für Frauen interessant, um sich selbstbewußt und wirkungsvoll aus unliebsamen Situationen zu befreien.

Neben den Kursen für Erwachsene liegen Uwe Wischhöfer besonders die Kinderkurse am Herzen. Die „Bonsai-Kids“ und die „kleinen Samurai“ (ab 5 Jahre) lernen spielerisch und mit Freude an Bewegung die Selbstverteidigung und verbessern dabei ebenso Kondition wie Koordination. „Mit Spaß und Motivation zur Perfektion“ steht als Motto, und „Kann ich nicht“ hört Uwe Wischhöfer im Unterricht ganz selten. Viel öfter gibt’s ein „Das kann ich noch nicht“, gefolgt von einem Motivationsschub und dem Willen zum Lernen.

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Nicht nur Erwachsene werden unterrichtet: Auch die „Bonsai-Kids“ und die „kleinen Samurai“ üben fleißig

Regelmäßig kommen auch „Schwarzgurte“ aus dem Taekwondo zu ihm, um sich in Hapkido weiterzubilden und ihren Kampfsport zu vervollkommnen. Hapkido als allumfassende Kampfkunst lenkt die Angriffsenergie des Gegners in einen Kreis, kanalisiert die Kraft und leitet sie zum Angreifer zurück. Dabei vereint Hapkido unterschiedlichste Schlag-, Tritt-, Hebel- und Wurftechniken zur komplexen Kampfkunst mit der Philosophie des gesunden Geistes in einem gesunden Körper mit inneren Werten.

Wem also kann der Hapkido-Meister nun seine Kunst empfehlen? Uwe Wischhöfer lacht kurz, bevor er antwortet: „Jedem, der schon immer Sport gemacht hat – und jedem, der es noch nie gemacht hat!“ Da wir eher zu Letzteren gehören, rät uns Uwe Wischhöfer dringendst und vor allem zum Fitness- und Gymnastikkurs, der, wie oben beschrieben, Gelenke, Bänder und Muskeln stärkt und fit macht für höhere Aufgaben, vor die der Meister das verletzungsfreie Abrollen und Fallen auf der weichen Übungsmatte gesetzt hat: „Bei dieser Übung wirkt der Kontakt mit der Matte wie eine Massage auf Mukeln und Organe“, und wenn Uwe Wischhöfer dann noch lapidar hinzufügt, richtiges Hinfallen könne man auch im richtigen Leben brauchen, selbst wenn wir nicht kämpfen, dann sind wir endgültig überzeugt und wollen nur noch wissen, was das „kihap“ aus seiner Internetadresse bedeutet.

Fokussieren der Energie
in einen einzigen Punkt
Hier springt Sabine Wischhöfer wieder ein und erklärt, es sei nicht einfach, wie fälschlich oft vermutet, das koreanische Wort für Kampfschrei: „Es beschreibt, dass man einen Ton auf das Fokussieren der Energie auf einen einzigen Punkt gibt“. Uwe Wischhöfer schaut uns mit der Geduld des wissenden Meisters an: „Aller Anfang ist schwer“, lächeln seine Augen, und während wir uns erschöpft und überwältigt auf die Matte setzen, schenkt uns Sabine Wischhöfer erstmal eine Tasse duftenden Tees ein.

Yi-Jing-Do-Akademie
www.kihap.de
Der kleine Teeladen
www.yido.de
Spitalstr. 3-5