Bunkerbazi und Panzerquartett

Bitte bewahren Sie Ruhe“, dröhnt es in Endlosschleife aus den Lautsprechern, dazu flimmern Bilder von Atompilzen an der Wand. Die Beleuchtung ist schummrig, im Bunker ist es kalt. Die Besucher schauen sich erschrocken um, doch gerade als es zu unheimlich wird, verändern sich Licht, Musik und Stimmung.
Der diesjährige Literaturstipendiat Johann Reißer lud zum „Ernstfall“, einer kleinen Bunkerrevue in den ehemaligen Fernmeldebunker am Heimgartenweg. Bei der perfekt vorbereiteten und inszenierten Performance präsentierte er zusammen mit Christoph Marko eine Mischung aus Texten, Szenen, Musik und Bildern rund um Atomzeitalter, Rüstung und Bedrohung.

Der promovierte Literaturwissenschaftler ist seit gut zwei Monaten in Pfaffenhofen und nutzt seinen Aufenthalt im Flaschlturm, um an seinem Roman zu schreiben. Gleichzeitig taucht er aber tief in Geschichte und Kultur Pfaffenhofens ein. Mit einem besonderen Interesse für Militärgeschichte zog es ihn sofort zum Bunker. Und nach einer ersten Besichtigung stand für ihn fest: Hier soll eine ganz eigene Inszenierung stattfinden. Johann Reißer schreibt nicht nur, er spielt auch leidenschaftlich Gitarre und bestreitet einen Teil seines Lebensunterhalts mit Theaterprojekten. Diese professionelle Erfahrung merkt man, die Bunkerperformance war eine grandiose Mischung aus Texten, Witz, Sound und Mahnung.

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Achtzehn Teilnehmer sind maximal zugelassen für den Besuch des Fernmeldebunkers. Der sorgt mit bis zu 3,50 m dicken Stahlbetonwänden und imposanter Größe immer noch für Respekt, Erstaunen und Gruseln. Die Bedrohung des Kalten Krieges wird dort direkt spürbar und erlebbar. Über 40 Räume verteilen sich auf rund 1.500 Quadratmetern. Das Gelände, das oben so harmlos und friedlich aussieht und heute mit einem Interkulturgarten blüht, sollte einst Erstschlagsziel sein, in jenem gar nicht so fernen kalten Krieg.

Johann Reißer holte die gespannten Gäs-te ab am Bunkereingang, der oben immer noch als schäbiges Gartenhäuschen getarnt ist. Von dort geht es in den Untergrund, mit Taschenlampen und CO2-Melder, zur Sicherheit. Vorschrift, nicht Inszenierung ist das. Manche Teilnehmer haben sich Decken und Jacken mitgebracht, spätestens jetzt frösteln sie auch in der Sommerhitze ein wenig.

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Doch der erfahrene Theatermacher will keine Gruselshow und auch nicht mit Schock und erhobenem Zeigefinger mahnen, ausgestattet mit Uniformmütze geleitet er die Gäste in den Untergrund, nach einer kurzen Bunker-Einführung landen sie in einem bestuhlten Raum. Der Tisch provisorisch aufgebaut, die Kabel der Multimediashow wirren sich frei durch den Raum. Lan-Party, Lesung oder Konzert, modernes Hinterhoftheater oder Bunkershow, so ganz klar ist es nicht. Von allem etwas und dazu historische Bilder von Pfaffenhofen an der Wand.

Mit zeitgenössischen Zitaten von Böll über Adenauer bis Strauß wurde eine Zeitreise angetreten, untermalt von Bildern atomarer Explosionen. Johann Reißer las aus einem ernstgemeinten Buch aus den 50er Jahren, „Unser Freund das Atom“, führte erschreckend vor Augen, wie lächerlich wenig ernst man atomare Strahlung und Bedrohung nahm.

Er amüsierte mit dem „Bunker-Bazi“-Song, der Bunker Bazi, der gemütlich bleibt, aber weiß, was er zu tun hat, im Ernstfall: Die Lederhosn ausziehn und abwaschen, das reicht. Dazwischen führte Johann Reißer die Gäste auch in das Herzstück des Bunkers, die ehemalige Fernmeldezentrale. Dort fanden sich die Teilnehmer im Stil von modernen Mitmach-Stücken mitten in der Inszenierung, dort spielte der Gefreite zwischen realer Bedrohung „Panzer-Quartett“ mit seinen Vorgesetzten. Spätestens hier blieb auch den Besuchern das Lachen im Hals stecken, wurde die Bedrohung und der Wahnsinn des Wettrüstens greifbar.

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Literaturstipendiat Johann Reisser schaffte es, bei den Teilnehmern neben Begeisterung und Faszination vor allem einen tiefen Eindruck zu hinterlassen, irgendwo zwischen Theaterstück, Songs, Lesung und Bildern. Und er erbrachte den Beweis, dass eine gelegentliche kulturelle Nutzung des Bunkers möglich wäre.

von Claudia Erdenreich