Beim Münchhausen von Lampertshausen Theresa und Anton Maier enthüllen die Geheimnisse antiker Möbel

von Lorenz Trapp

Am Ende der Welt, im idyllischen oberen Ilmtal, quasi kaum einen Kugelflug entfernt vom Hauptplatz der lebenswertesten Stadt Pfaffenhofen, eingebettet in die liebliche Hügellandschaft zwischen den malerischen Ortschaften Steinkirchen und Jetzendorf, liegt, mit Maibaum und Kirchturm, das kleine Dörfchen Lampertshausen. An eben jener Kirchturmspitze – der Maibaum war zu niedrig – verfing sich, auf einer Kugel voller Geschichten reitend, vor vielen, vielen Jahren ein gewisser Baron Münchhausen …

Heute wohnt er in der Jetzendorferstr. 20. Wer ein Glück hat und beim Schild „Antik Möbel Maier“ in den liebevoll gepflasterten Hof einbiegt, darf ihn sogar sehen. Aber nur, wer ein Glück hat! Dann nämlich stellt Anton Maier, der Hausherr, eine gusseiserne Skulptur des kugelreitenden Lügenbarons auf den Tisch. Etwas befremdet registriere ich, dass der Reiter in Kochschürze und mit Kochlöffel unterwegs ist, und außerdem: Haben seine Gesichtszüge nicht eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Herrn, der mir gegenüber sitzt?„Das Ding“, sagt Anton Maier, „haben mir meine Kollegen von der Berufsfeuerwehr in München zum 50. geschenkt“. Weil er ein guter Geschichtenerzähler ist, das wird mir bald klar, doch warum Kochlöffel und Schürze? Anton Maier lässt den Blick durch den Ausstellungsraum schweifen, über ein barockes Bett, die Jugendstilkommode, das Biedermeier-Schränkchen.

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„Eigentlich bin ich gelernter Koch“, erklärt er, „und ich koche immer noch gern, aber ich wollte mich dem Stress in der Gastronomie nicht mehr aussetzen“.Die Geschichte des Kochs Anton Maier, „Landwirt dahier und Erstgeborener zu Lampertshausen“, beginnt mit der Ausbildung im renommierten „Bayerischen Hof“ in der Landeshauptstadt. Dann bewirbt er sich beim „Vier Jahreszeiten“, was allerdings nicht geklappt hat, denn seine Ausbildungsküche hatte „nicht so einen guten Ruf“. Also geht der Jungkoch ins „Le Gourmet“ zu Otto Koch, dem Sternekoch, der jetzt das Restaurant im Olympiaturm betreibt. „Wenn Sie mal“, fängt Anton Maier an zu schwärmen, „ein schönes Erlebnis haben wollen, essen Sie dort nach Einbruch der Dunkelheit ein kleines Menue, das Restaurant dreht sich im Kreis, und unter Ihnen strahlt die Stadt in tausend Variationen!“ Dann schafft er‘s doch noch ins „Vier Jahreszeiten“, denn „die nehmen an, dass man etwas kann, wenn man es länger als ein Jahr bei einem Sternekoch aushält“. Bis ihn die Reiselust packte: Den Urlaub in Florida finanziert er mit einem Job als Koch vor Ort – „da blieb immer noch Zeit für den Strand“ –, bis er eines Tages im Hafen fasziniert vor der „MS Goddess“ steht.

„Amerikanisch schnell – Sie wissen ja: hire and fire, die Amerikaner halt“ – heuert er auf dem kleinen, feinen Kreuzfahrtschiff an, und los geht’s auf den Weltmeeren: Südamerika, Karibik, Mittelmeer – wo ihn plötzlich das Heimweh packt: „Ich wollte einfach wieder Frühling, Sommer, Herbst und Winter, Jahreszeiten, Weihnachten mit Schnee, verstehst?“ Mit der Notlüge, er habe sich selbstständig gemacht, geht er in Nizza von Bord – und Lampertshausen ist nicht mehr weit. Anton Maier, der Koch, wird wieder in München aktiv: „Madrigal“, „La Cave“, „Valentino“ – feine Häuser im Dunstkreis der Maximilianstraße, „und immer französisch inspirierte Küche“, fügt er hinzu, und der Uli Hoeneß sei Stammgast gewesen…„Aber dann“, Anton Maier hebt den Zeigefinger, „bin ich geheiratet worden!“

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Theresa, seine Frau, lächelt nachsichtig: „Wir haben den Hof übernommen, ausgebaut – und 1997 haben wir unseren ersten Antik-Markt veranstaltet“. Antik-Markt, alte Möbel, Porzellanfiguren, Biedermeier, Bauhaus, Gründerzeit – jetzt fällt’s mir wieder ein: Deshalb bin ich eigentlich hergekommen! Der Koch hat mich, so mir nichts dir nichts, um den Löffel gedreht! „Das ein oder andere Trumm war ja schon da“, meint Anton Maier. Die alten Schränke hat er selbst hergerichtet, denn für Holz, weiß Theresa Maier, hat er „ein G’schpür – nicht nur“. Er habe auch noch was dazu gekauft, und weil sie auch Speisekartoffeln, Puten und Gänse verkauften, kam praktisch immer Kundschaft auf den Hof.

Im Jahr darauf besuchten die erste Weihnachtsausstellung schon mehr als 250 Leute, „aber nicht bloß wegen Weihnachtspunsch und Plätzerl!“ Seine zufriedenen Kunden sieht Anton Maier als „die Triebfeder“, dass er mit dem Antik-Markt weitermachte – mittlerweile regelmäßig, immer im Mai und im Oktober, ein Besuchermagnet!In liebevoller Klein- und Handarbeit restauriert er alte Möbel, Jugendstil, Biedermeier, egal, doch soll jedes Stück wieder „komplett“ sein: Deshalb ist er bemüht, fehlende Beschläge durch Originale oder zumindest zum Stil passendes Material zu ersetzen. „Ich bin ja mehrfacher Schlossbesitzer“, sagt er und zeigt auf ein Regal, in dem Türschlösser liegen, die jeweils mehr Lebensjahre im Schlüsselloch haben als er auf dem Buckel. Ganze Nachlässe kauft er auf, und inzwischen führt er nicht nur Möbel, sondern kauft und verkauft „alles, was älter ist als 80 Jahre: Orden, Uniformen, Postkarten, Heiligenbilder; Ölbilder, Krüge, Porzellanfiguren“.

Das Gartenareal ihres Hofes nutzen Theresa und Anton Maier mittlerweile als Ausstellungsfläche für die Gartenaccessoires. „Schöner wohnen für Haus und Garten“ laute ja inzwischen ihr Motto, und deshalb haben sie immer aktuelle Rankhilfen, Staudenstützen, Rosenbögen, Gartenmöbel und natürlich Deko-Artikel im Angebot. Anton Maier führt mich durch die Ausstellungsräume und bleibt vor einem beeindruckenden Schrank stehen: „Der gehörte mal einem Bischof von Bozen, Barock, konnte ich kaufen, zusammen mit einem Empire-Sekretär.

Der Preis war in Ordnung, der Besitzer jedoch wusste nichts von einem Geheimfach, aber jeder Barockschrank hat ein Geheimfach …“ Wenn Sie wissen wollen, ob Anton Maier das Geheimfach entdeckt hat, und ob sich darin Goldschmuck, Uhren, Broschen, Ringe und Ketten befanden, welchen Wert der Schmuck hatte und wo er geblieben ist, dann schauen Sie doch einfach mal rein bei „Antik Möbel Maier“, am Ende der Welt, im idyllischen oberen Ilmtal, quasi kaum einen Kugelflug entfernt. Wenn Sie ein Glück und eine Zeit haben, erzählt Ihnen Anton Maier die Geschichte vielleicht. Der Schrank wartet auf jeden Fall auf Sie.

Antik Möbel Maier
Jetzendorferstr. 20
85305 Lampertshausen
Tel. 0 81 37 / 21 92

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