Auf „eigenARTigem“ Besuch in der Heimatstadt / Die Künstlerin Christine Pfefferler präsentiert ihr Werk in der Städtischen Galerie

von Hellmuth Inderwies

Auch wenn sie vor langer Zeit Pfaffenhofen verlassen und vor einigen Jahren in Niederbayern ein neues Domizil gefunden hat, so darf man bei ihrer bevorstehenden Visite keinesfalls an F. Dürrenmatts Komödie „Der Besuch der alten Dame“ denken, die bei ihrer Rückkehr im Zug die Notbremse ziehen musste, um in ihrem fast vergessenen und zwischenzeitlich total verwahrlos-ten Heimatstädtchen aussteigen zu können. Christine Pfefferler ist ihre Geburtsstadt immer so präsent wie hierzulande allenthalben der Name „Pfefferler“. Und von „alt“ kann bei ihrer sprichwörtlichen jugendlichen Schaffenskraft als Künstlerin ohnehin nicht die Rede sein. Davon werden sich alle überzeugen können, die am 17. Oktober um 19.30 Uhr die Vernissage ihrer Kunstausstellung „eigenARTig“ in der Städtischen Galerie besuchen. Christine Pfefferler präsentiert ihr „vielseitiges und vielseidiges“ Werk, wie sie es einmal bezeichnete, nach den im Jahr 2000 in der Kreisstadt durchgeführten „Europäischen Kulturtagen“ ein zweites Mal einem heimischen Publikum.

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Keramikkunst: RAKU

Vielbeachtete Ausstellungen
Die große künstlerische Begabung der gelernten Pharmazeutisch-technischen Assistentin wurde bereits in ihrer Schulzeit am Schyren-Gymnasium von einem ihrer Lehrer in Kunsterziehung erkannt. Es war kein geringerer als Josef Kroha, der vor kurzem seinen 85. Geburtstag feierte. Erst nach ihrer Heirat mit Nik Bruinsma, einem holländischen Schiffskapitän, konnte sie sich ihren sehr frühen Traum erfüllen und in den Niederlanden ein Studium zur examinierten Kunstdozentin absolvieren, sich künstlerisch betätigen, sich auf dieser Basis durch eine beständige Fortbildung in einigen Genres der bildenden Kunst spezialisieren und ihr breites Wissen und Können vor allem an eine jüngere Generation weitergeben. In ihrer niederbayerischen Heimat hat sie sich mit zahlreichen, viel beachteten Ausstellungen in Burghausen, Eggenfelden, Pfarrkirchen, Bad Birnbach, Vilshofen, Schönau usw. usw. und vielerorts als Organisatorin kultureller Veranstaltungen einen Namen gemacht.

Christine Pfefferlers erste große Leidenschaft gehörte der Seidenmalerei, der sie sich bereits in Deutschland widmete und die sie in Holland zu einer solchen Perfektion weiterentwickelte, dass die Unikate ihrer farbintensiven Bilder, Tücher und Krawatten mit Tulpenmotiven – und vor allem mit ihrem Signum versehen – nicht nur bei zahlreichen Ausstellungen in den Kunstzentren von Alkmaar, Hoorn, Hypolitushof und Middenmeer bewundert wurden, sondern auf dem bedeutenden holländischen Kunstmarkt von Bergen reißenden Absatz fanden, wobei auch viele Touristen aus Deutschland, Afrika und Amerika zu ihren Kunden zählten. Vor allem die leuchtenden, harmonisch auf einander abgestimmten Farben waren es, die damals zu ihrem künstlerischen Emblem wurden. Bis zum heutigen Tag gilt für sie die Maxime: „Die Welt ist oft so grau, Farbe bringt Licht und Freude.“

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Burghausen

Hinzu kommt bei ihr ein ausgeprägtes räumliches Sehen, das wohl der Grund dafür war, dass im Rahmen ihrer Weiterbildung vor allem auch der Keramik ihr Interesse galt, um auf diese Weise skulpturelle Kunst zu schaffen. Dabei widmet sie sich heute vor allem dem japanischen Raku-yaki, eine Technik, die wahrscheinlich auf den Koreaner Chojiro zurückgeht und die seit dem 16. Jahrhundert in Kyoto von einer Familie (Nachkommen der Sasaki) gepflegt und weiterentwickelt wurde. Es handelt sich dabei um eine vorwiegend handgeformte Keramik, wobei stark siliziumhaltiger poröser Ton, mit pulverisierter Terrakotta vermischt und bei niedriger Temperatur (zwischen 800°C und 1000° C) gebrannt, eine rote bzw. orangerote Farbe erhält. Dem Ofen heiß entnommen, werden die Gegenstände in ein luftdichtes Gefäß mit organischem Brennmaterial wie Heu, Stroh, Laub usw. gelegt, wo deren Mineralien zusammen mit dem entstehenden Rauch Eindrücke in der noch weichen Glasur hinterlassen. Diese kann hierbei ganz verschiedene Farben, wie Schwarz als „Kuro-Raku“, Rot als „Aka-Raku“ oder Weiß als „Shiro-Raku“, annehmen. Da der Vorgang nur bedingt kontrolliert werden kann und nicht immer zum Erfolg führt, handelt es sich bei solchen Keramiken stets um Unikate. Der Begriff „Raku“ bezeichnet sowohl die Tonmasse wie deren Verarbeitungsmethode und ist nichts anderes als das Kanschi, das japanische Schriftzeichen, für „Vergnügen, Freude, Genuss“, also Empfindungen, die diese Kunst zu vermitteln sucht.

Da Christine Pfefferler zu jenen Künstlern gehört, deren inneres und primäres Anliegen es ist, Kommunikation mit dem Menschen zu pflegen, kommt ihr dieses Genre sehr entgegen, weil es ebenso wie ihre Malerei ausgesprochen expressive Wesenszüge besitzt. Es geht ihr dabei nicht um die exakte Vermittlung von Details, nicht um exakte realistische Wiedergabe, sondern um eine emotionale Reaktion auf unsere Welt in einer verständlichen Sprache. Erst dort, wo die allenthalben geläufigen und gewohnten Zeichen und Bilder unserer begrifflichen Vorstellungswelt nicht mehr ausreichen, um inneres Erleben zum Ausdruck zu bringen, neigt die Künstlerin dazu, nichtgegenständliche bzw. abstrakte Mittel der Kommunikation zu verwenden. Sie gewährt aber dem Betrachter stets durch einen wegweisenden Titel einen leichten Zugang zu solchen Werken, zumal auch durchwegs zugunsten des Wesentlichen eine Motivreduzierung zu registrieren ist. Mit der Leuchtkraft der Farben bei den Gemälden und der Betonung von Gestik und Mimik bei den Skulpturen als Äußerungen seelischer und geistiger Vorgänge soll eine Außenwirkung erzielt werden. Da ihr künstlerisches Schaffen primär von Spontaneität bestimmt wird und sie nicht einer bestimmten Stilrichtung folgt, erreicht es jene Wirkung, wie sie im Rahmenthema ihrer Ausstellung in Pfaffenhofen zum Ausdruck kommt: „eigenARTig“!

Mimik bei den Skulpturen
Es ist zu hoffen, dass beim Besuch von Christine Pfefferler in ihrer Heimatstadt und der Eröffnung ihrer Ausstellung nicht wie zuletzt bei „Neuland“ (Städtische Galerie: Ausstellungsdauer 1 Woche) und „Markus Lüpertz“ (Kulturhalle: Ausstellungsdauer 3 Wochen), die Vernissagen etwa zur gleichen Zeit stattfinden und sich überschneiden. Ein „ehrenamtlicher“ Kulturreferent mit Aufwandsentschädigung und ein bezahlter „hauptamtlicher“ Kulturmanager der Stadt sollten doch in der Lage sein, eine Terminierung vorzunehmen, die den Besuch zweier Veranstaltungen gleichen Genres ermöglicht, auch wenn es sich bei den Kunstlokalitäten um eine städtische und eine von einem Kulturverein betriebene handelt. Immerhin müssen 20 Prozent der Erlöse jener Exponate, die in der Städtischen Galerie einen Käufer finden, an die Stadt Pfaffenhofen abgeführt werden, und mancher der hier ausstellenden Künstler muss zudem von dem Verkauf zumindest einen Teil seines Lebensunterhalts bestreiten. Dass für einen wirtschaftlichen Erfolg eine Woche Ausstellungsdauer nicht ausreicht, weiß man in den Kulturzentren München und Ingolstadt, offensichtlich nicht in Pfaffenhofen. Auch eine „lebenswerteste Stadt der Welt“ könnte unter solchen Umständen mit der Zeit kulturell in Vergessenheit geraten, ähnlich jenem Städtchen, das Dürrenmatts „alte Dame“ besucht und das sich „Güllen“ nennt, obwohl dort Goethe einmal übernachtet und Brahms ein Quartett komponiert hat.

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Gemeinschaftsausstellung im ARTRIUM von Bad Birnbach: Die drei Künstlerinnen Barbara Mylla (li.),
Maria Nistl und Christine Pfefferler (Mitte) zusammen mit dem Laudator Hellmuth Inderwies, Helmut
Stadler und 2. Bürgermeister von Birnbach, Josef Müller (re.)