von Lorenz Trapp
Bunte Stoffe bringen Farbe ins rechte Schaufenster, über dem Farbenmeer thront eine ehrwürdige Pfaff-Nähmaschine aus den 50-er Jahren, die gnädig eine glänzende neue Espressokanne neben sich duldet, und in der linken Auslage zieht ein Sakko in Grün, gestreift und schüchtern schillernd, die Blicke auf sich. Oder ist es türkis? Blau? Schön ist es.
In Anna Hadzeleks „STUDIO_GWAND“ ist die erste Halbzeit vorbei. In manchen Firmen, erzählt die Jungunternehmerin auf Probe, die noch bis Ende Oktober im Studio-Laden an der Frauenstraße die Selbstständigkeit übt (mit Unterstützung der Stadtjugendpflege), in manchen Firmen werde die Halbzeit der Woche, am Mittwoch, mit dem „Bergfest“ gefeiert: „Da ist man über dem Berg, das Schlimmste ist geschafft!“ Anna Hadzelek lacht über diese Rituale, bietet spaßeshalber ein Bier an und wird wieder ernst: Für sie bedeute Halbzeit, dass sich ihre Zeit in dem kleinen Laden – leider – dem Ende zuneigt.
„Irgendwie taugt’s mir voll“, fasst sie ihre Erfahrung zusammen, „jetzt krieg ich langsam alles auf die Reihe – ich arbeite intensiver, und so würde es wohl Sinn machen, den Schwung mitzunehmen und weiterzumachen mit der Selbstständigkeit!“ Aber, so bremst sie sich, Selbstständigkeit sei ja keine „zweimonatige Reise“. Sie wird weiter „Integriertes Design“ studieren – und dann wird man sehen.
Zwei Monate hat sie jetzt fast nichts anderes gemacht als „ihren Laden“, und ihre ersten Erfahrungen sind „sehr gut“. Ob sie Schneiderin oder Designern sei, war für die Leute oft schwierig zu entscheiden, doch ihr selbst ist jetzt klar, wohin sie geht: „Ich bin Designerin!“ Darin liegt ihre Stärke, auch wenn sie natürlich gerne näht – schließlich ist das ihre Möglichkeit, Kreativität zu realisieren: „Und ich nähe nur Sachen, die ich gut finde!“ Anna Hadzelek lacht wieder. Sie ist sich durchaus bewusst, dass ihr Stil nicht unbedingt dem Mainstream entspricht, und dennoch hat sie in den letzten Wochen viel Sympathie erfahren für ihre Produkte und ihre Tätigkeit im „STUDIO_GWAND“. Manch ein Besucher erzählte ihr von eigenen, verwehten Träumen, davon, was er „früher“ selbst gerne gemacht hätte, doch leider habe es damals so ein „Ladenprojekt“ zum Testen der Selbstständigkeit nicht gegeben.
Bunte Mode – links, rechts und in der Mitte
Natürlich hat sie auch einiges verkauft, nicht nur „an den Bekanntenkreis meines Bekanntenkreises“, und dazu trug wohl die günstige Lage ihres Geschäfts in unmittelbarer Nähe zum Hauptplatz bei: „Das Eisdielen-Publikum ist mir sicher ebenso zugute gekommen – die schlendern hier mit der Tüte vorbei und schauen dann auch rein!“ Von Anfang an habe sie gewusst, dass sie sich unter Wert verkauft, dass ihre exquisiten Klamotten mehr wert sind als den Preis, den sie verlangt. „Aber so“, und wieder blitzen ihre Augen positiv, „haben sich meine Modelle auch Leute leisten können, die nicht so viel Geld ausgeben wollen oder können!“ Und dann öffnet sich die philosophische Seite von Anna Hadzelek, selbstverständlich mit einem Lächeln: „Ich glaub, es zahlt sich aus, wenn man nett ist zu den Menschen!“ Wo sie Recht hat, hat Anna Hadzelek recht. Immer am Donnerstagabend lockt sie zusätzlich Leben in ihr Studio, denn dann gibt es Sonderveranstaltungen – vom Nähkurs bis zur Ausstellung. Die nächste Vernissage findet übrigens am 30. September statt, mit viel Kunst und unterschiedlichsten Exponaten: „Mehr wird jetzt nicht verraten!“ Bleibt also nur, persönlich vorbeizuschauen im Laden an der Frauenstraße, und Anna Hadzelek wird sich freuen – besonders über die, die zum ersten Mal reinschnuppern ins „STUDIO_GWAND“ und feststellen werden: „A g’wandte Sach’!“
Zu kurz kommen die Männer im „STUDIO_GWAND“, und Anna Hadzelek, Näherin und
Designerin, weiß, warum: „Ich kenn mich einfach nicht aus mit Männergrößen –
noch nicht!“ Dann also abwarten, furchtsam unterm Kleiderständer und inkognito.