Es geschah am Morgen des Gründonnerstag: Schlacht um Pfaffenhofen / Die Kreisstadt als Schauplatz barocker Kriegsführung und Plünderung

von Claudia Erdenreich 

Manchmal müssen Geschichtsbücher doch umgeschrieben werden, zumindest in einigen Kapiteln. Die Schlacht um Pfaffenhofen zu Ostern 1745 galt bislang als unbedeutend. So unbedeutend, dass sie selbst engagierten Heimatforschern keine große Erwähnung wert war. Vielleicht war sie schnell in Vergessenheit geraten, weil sie für keinen der Beteiligten rühmlich ausging, weder für die Bayern, noch die Österreicher oder Franzosen. Auch waren keine prominenten Herrscher vor Ort. Die Folgen jedoch waren nicht nur für Bayern, sondern letztlich für ganz Europa herausragend – die Schlacht um Pfaffenhofen führte mit dem Frieden von Füssen zum Ende der Kriegshandlungen in Bayern. Als Folge des spanischen Erbfolgekrieges trafen die österreichischen Habsburger mit der „pragmatischen Sanktion“ Vorsorge für den Fall, dass auch ihre Linie im Mannesstamme erlöschen sollte. Die Regelung war tatsächlich pragmatisch, mitten in der Barockzeit sollte dann eben die weibliche Erbfolge zugelassen werden. 

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Frieder Leipold erklärt die Folgen der Plünderung vor der Sparkasse

Nicht einmal vierzig Jahre später bestieg aufgrund dieser Sonderregelung Maria Theresia den Thron und ganz Europa geriet in Aufruhr. Die europäischen Herrscherhäuser witterten ihre Chance auf die Habsburgerlande. Die Großmachtträume des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel wurden kurzzeitig Wirklichkeit. Dem Erbauer von Nymphenburg und Schleißheim gelang es, seinen Sohn Karl Albrecht als Kaiser Karl VII. auf den Kaiserthron zu holen. Der österreichische Erbfolgekrieg weitete sich auf ganz Europa aus, ja auf die Welt, am Ende wurde sogar in Amerika und Indien gekämpft. Pfaffenhofen war schon seit Kriegsausbruch 1740 immer wieder betroffen, bei Truppenverschiebungen lag es günstig auf dem Weg zwischen München und Ingolstadt, eine Weile bezogen sogar die Österreicher in der Stadt Quartier. Quartier, das bedeutete stets entbehrensreiche Versorgung der Truppen.

Frieder Leipold, den Pfaffenhofenern bekannt als Gewinner von „Goethes Schlittschuh“, ließ die Frage nach dem genauen Schlachtablauf nicht mehr los. Er war am ironischen Historienfilm „Leck mich am Lech“ beteiligt und war dabei auf jene Schlacht gestoßen. Der Fernsehwissenschaftler arbeitet heute in der online-Redaktion des Focus. Doch bayerische Geschichte ließ ihn nicht mehr los, und er begann zu forschen und zu suchen, in den gängigen Archiven, im Armeemuseum und mit Hilfe des großartigen Militärhistorikers Marcus Junkelmann.

Schnell wurde klar: Am Morgen des 15. 4. 1745, einem Gründonnerstag, zogen die Truppen direkt über den Hauptplatz. Rund 6.000 Österreicher standen ebenso vielen Bayern, Franzosen und Kurpfälzern gegenüber. Die bayerischen Truppen kämpften unter dem Grafen Ignaz von Toerring, der die verstreuten bayerischen Truppenteile hinter den Lech zurückgezogen hatte. Die Österreicher kamen mit Infanterie-, Kavallerie- und Artillerieeinheiten von Freising her über den Kugelhof nach Pfaffenhofen. Sie stürmten schließlich die Stadt vom Münchner Tor aus, es kam zum Häuserkampf den Hauptplatz entlang, der besonders für die Franzosen verlustreich war. Sie zogen schließlich durch das Scheyerer Tor ab.

Waren von den Gefechten die Bürger noch wenig betroffen, so trafen sie die anschließenden Plünderungen der Panduren aus dem heutigen Kroatien umso schwerer. Die Panduren plünderten schonungslos. An Stelle der heutigen Sparkassenfiliale war damals die Stadtschreiberei, es ist überliefert, dass sie alles, was sie nicht brauchen konnten, einfach aus den Fenstern warfen. Der Wirt des Pfaffelbräu wurde sogar erschlagen. Das benachbarte Kloster Scheyern erging nur knapp einer Plünderung, die fliehenden Franzosen blieben mit neun Geschützen im Morast des Froschbaches stecken. Die bayerischen und französischen Truppen konnten erst bei Hohenwart die Paar überqueren und erreichten in einem Gewaltmarsch von 60 km schließlich den Lech. Nur eine Woche später unterzeichnete Max III. Joseph den Frieden von Füssen. Zur Hauptplatzeröffnung ist die Ausstellung „Gründonnerstag 1745“ für vier Wochen im Haus der Begegnung zu sehen.

 

Schlachtverlauf an den einzelnen Häusern
rund um den Hauptplatz

In den Morgenstunden erstürmten 200 österreichische Dragoner das Münchner Tor an der heutigen Weilhammer Klamm. Die französischen Grenadiere verschanzten sich am Friedhof bei der Kirche mit „2 geladenen Kanonenteilen“. Der Häuserkampf verlief sehr heftig und dauerte zwischen 1/2 und 3/4 Stunde, bis die Franzosen übers Scheyerer Tor abzogen. Die siegreichen Reiter plünderten „in erster Hitz“ die Stadt, wurden aber schnell wieder zur Ordnung gerufen. Darauf besetzten die „Banalisten“, also Kroaten, die auch Panduren genannt wurden, die Stadt. Wie es scheint kam es durch sie zu einer zweiten Plünderung.

Hauptplatz 11/13 (Wohlherr):
Der Posthalter Franz Pachmayr war mit der Posthalterei erst im Frühjahr 1745 von Hohenkammer nach Pfaffenhofen umgezogen und musste „eine Totalplünderung erdulden“. Ihm wurden „Haus-Mobilien“, Vorrat, Viktualien und zwei Pferde geraubt. Der Schaden betrug insgesamt 1.200 Gulden und er sah sich „fast außer Stand gesetzt sich bei häuslichen Würden zu erhalten.“

Hauptplatz 29 (Stadtschreiberei):
Das Stadtschreiberhaus, das der Stadt vom ehemaligen Bürgermeister Gritsch und Gattin gestiftet worden war, wurde ebenfalls geplündert. Alles wertvoll Erscheinende wurde geraubt, der Rest auf den Boden oder auf die Straße geworfen. Das Briefprotokoll der Stadt belegt das Treiben, weil Einträge auf Jahre hinweg nicht chronologisch abgeheftet werden konnten. Die 77-jährige Frau Maria Klara Gritsch überlebte diese aufregenden Tage nicht.

Hauptplatz 33:
Riemerbehausung steht wegen Kriegskontributionen jahrelang leer

Hauptplatz 43 (Pfaffelbräu):
Der Pfaffelbräu ist bei der Schlacht „vom Österreichischen Volk gänzlich ausgeplündert worden, wodurch Pött und Leingewandt, Zün und Kupfer Geschirr und mehr anderes zu Grundt gangen, und der das Gut übernehmende Martin Schilcher hat von dem nuleydlichen Tractament der Panduren aus villen hartten Schlögen in wenigen Tägen das Zeitliche gesegnet.“

Hauptplatz 4 (Urban):
Totale Plünderung
Durch die Durchzüge während der Kriege im 18. Jahrhundert war schließlich das Stadtpflaster in einem beklagenswerten Zustand. Durchreisende waren in der Stadtmitte „der Umwerfungs- und Beschädigungsgefahr preisgegeben“. So forderte der Landrichter 1799 „eine unumgängliche Abstellung. Ausgemerzte Lücken sollen durch Steine ordentlich ausgepflastert und fahrbar gemacht werden.“ Eine Art Neugestaltung des Hauptplatzes im18. Jahrhundert.

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