von Lorenz Trapp
Er ist bekannt als bunter Fleck in der – außerhalb des Kultursommers und der Zeiten, in denen nicht „Kunst im Fluss“ ist – eher tristen Schräglage des künstlerischen Horizonts. Schon ein goldener Tresor, den er vor einiger Zeit genau so kreativ wie Zeichen setzend in die Ilm und in die Schlagzeilen brachte, demonstrierte seine Vorliebe für edelstes Schmuckwerk im öffentlichen Raum. Nun kann man sie wieder sehen: Auf dem Hauptplatz installierte Manfred Habl ein goldenes Toilettenhäuschen, das am Samstag, 14. Juni 2008, unter fachkundiger Begleitung einer Musikkapelle um 11 Uhr feierlich eröffnet wird. Wir haben den Künstler zu seinem neuesten Streich nicht nur beglückwünscht, sondern befragt.
Herr Habl, wie kam es zu dieser Installation? Gehört sie zu Kunst im Fluss?
Alles fließt, wie der weise Grieche sagt, und alles ist natürlich Kunst im Fluss. Das trifft ja für eine Bedürfnisanstalt im besonderen Maße zu, weil in ihr natürlich etwas fließen soll. Und was ist zurzeit das Thema in der Stadt?
Der künstlerische Blick ins Internet: www.das-goldene-klo.de
Eine öffentliche Toilette auf dem Hauptplatz?
Richtig! Das hat meine Frau und mich inspiriert, darüber nachzudenken: Braucht Pfaffenhofen ein Klo auf dem Hauptplatz? Um das festzustellen, entwickelten wir im Geiste, aus Blödsinn, ein Br…kataster, um festzuhalten, wer wann wo auf dem Areal des Hauptplatzes kann. Anscheinend hat Herr Hechinger das auch schon untersucht, denn er forderte jetzt im Stadtrat vom Städteplaner Immich, die Toilettengeschichte endlich auf die Reihe zu kriegen. Sonst muss er den Künstler, der den neuen Brunnen entwirft, bitten, ein Klo zu integrieren.
Braucht denn Pfaffenhofen eine Toilette auf dem Hauptplatz?
Der Herr Hechinger scheint eines zu brauchen. Übrigens wurde die Idee schon vor Jahren von Don Alfredo Pfefferler angeleiert, es scheint zum Wahlprogramm der Freien Wähler zu gehören. Ich selbst habe früher schon mal ein Park&Biesel-System vorgeschlagen, wo man den Parkschein als Bon beim Toilettenbesuch in den umliegenden Gaststätten einlösen kann, doch daraus ist nichts geworden. Es gibt ja auch die öffentlichen Möglichkeiten im Landratsamt, im Rathaus und in der Tiefgarage.
Brauchen Sie selbst ein Klo auf dem Hauptplatz?
Es gibt ungefähr 15 Möglichkeiten, rund um den Hauptplatz eine Bieselmöglichkeit zu finden, also sage ich: Wer sucht, der findet! Einen Parkplatz findet ja auch jeder.
Warum dann das goldene Klo vor dem Rentamt?
Ich habe das Bedürfnis der Pfaffenhofener als Auftrag verstanden, ein Klo zu errichten, obwohl ich nicht glaube, dass unsere Fußgängerzone so groß ist, dass man eine zusätzliche Entladestation braucht. Übrigens hat Antoni GaudÃ, der große katalanische Architekt, als erste Arbeit eine öffentliche Toilette gebaut; ich stehe also in guter Tradition.
Kann man um das goldene Häuschen auch herumtanzen wie um ein Kalb?
Natürlich! Ein öffentliches Klo ist ja an sich ein Kommunikationszentrum, und auch wenn nicht jeder Pfaffenhofener – das kann entwicklungsgeschichtlich gar nicht sein – mit der genetischen Codierung ausgestattet ist, auf dem Hauptplatz eine Bedürfnisstation aufsuchen zu müssen, finde ich: Wenn schon eine Toilette, dann ist nur das Beste gut genug! Es blieb also nur Gold! Schon der Ursprung des goldenen Klos ist revolutionär, denn Lenin hatte seinen Mitstreitern nach der Oktober-Revolution goldene Toiletten versprochen.
Und was ist daraus geworden?
Ein Kunstraum! Mit der Aktion „Kunst()Räume Bayern“ kann man, soll man sich ja seinen eigenen Kunstraum definieren. Folglich ist das goldene Klo ein Kunstraum, ein Raum, wo man kann! Ein Raum, wo man kann, ist wiederum ein Kunstraum, denn Kunst kommt von können. Das hat schon Karl Valentin gewusst! Käme Kunst von wollen, würde es ja Wunst heißen.
Wie geht’s nun mit dem goldenen Häuschen weiter?
Der Versorgungsvertrag läuft über fünf Monate, das Häuschen wird regelmäßig gereinigt und desinfiziert, das Material wird biologisch-dynamisch ausgetauscht. Natürlich werden wir eine diskrete Videoüberwachung installieren, um Beschädigungen zu vermeiden. Das Klo wird selbstverständlich mit einem Gästebuch ausgestattet, und wenn der Zeitungshalter angebracht ist, steht dem, der gerne golden umhüllt dem Lesen frönt, der Pfaffenhofener zur Verfügung. Ich selbst werde der Toilette ein Mal pro Tag einen Besuch abstatten, um einen Eintrag zu machen über Grund des Daseins, Art des Bedürfnisses, Grad der Erleichterung… Das Gästebuch wird später im Habl-Kunstverlag veröffentlicht und kann als Basis für ein parawissenschaftliches Gutachten dienen: Die Auswertung der Frequenzen wird zeigen, ob tatsächlich ein Bedarf für eine öffentliche Toilette besteht.
Das ganze kostet…
… die Stadt gar nichts. Es gibt Patenschaften, die Firmen und Privatleute übernommen haben. Das ist übrigens immer noch möglich. Wer also in ein goldenes Klo investieren will…
Herr Habl, wir danken Ihnen für dieses Gerät!