High Noon für High Heels

Z ’Pfahofa hams a Pflaster kriagt, / des is a Rarität. / Nur wia ma junge Stoana ziagt, / grod des vastengas ned. / Drum laffas in der Welt herum / und suacha Stoana zamm, / sie schaung se blind und hoibad dumm, / ob’s an rechtn Sama ham.

So ganz stimmt das St.-Kastulus-Lied, die Hymne der Holledauer, die wir ach! so gerne singen, selbstverständlich nicht. Schließlich ist der Pflastersamen im wahrsten Sinne wunderschön aufgegangen in China und anderswo, und seine von feinfühligen Händen gepflückten Früchte liegen nun in der Stadt und schmücken den Hauptplatz wie eine überquellende Obstschale. Wer dort als murrende Mücke schon einmal von einer Banane gestürzt ist und sich hilflos zwischen Apfel und Kiwi wiedergefunden hat, der ahnt, wie sich unsere Damen fühlen, wenn sie – mit vom aufkeimenden Frühling forsch gefordertem Schuhwerk – durch unser urbanes Wohnzimmer schweben wollen.

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Wir reden nicht von Stolpersteinen, wie sie sich Politiker gerne selbst in den Weg legen, wir reden auch nicht von den Lücken, in die diese fallen, wenn jene ihnen zum Verhängnis werden – nein: Wir reden von den Lücken, die sich auftun zwischen unseren Pflastersteinen, die schamlos von unten wie gefräßige, lüsterne Monster unseren Damen zwar nicht ans Mieder, aber doch ans verlängerte Bein wollen und die feinen Absätze ihrer hohen Schuhe grob und gierig schnappen. Umfragen unter Orthopäden und Schuhmachern zeichnen für den vergangenen Sommer ein erschreckendes statistisches Bild, durch das überproportional viele jammernde Frauen mit gebrochenen Absätzen und Herzen humpeln. High Noon für High Heels.

Dem möge ein Riegel vorgeschoben werden! Die Lücken zwischen den Steinen werden immer tiefer, Ströme von Schmelzwasser haben das Pflas-ter ausgeschwemmt, Käfer machen sich mit Steilwandklettern fit für die Stadtflucht – und in diese unerträgliche Situation ruft der lockende Lenz unsere Damen. Wohl vergebens. Wenn denn nicht Abhilfe naht in Form einer hochwertigen Kunstharzmasse, die mit einer gewissen Wasserdurchlässigkeit ausgestattet sei und den Hauptplatz wieder in ein begehbares Refugium – wir schweifen etymologisch vom Hundertsten ins Tausendste: verfugt mit Fug und Recht – für das weibliche Geschlecht verwandelt. Zuflucht gegen Stadtflucht gilt es also abzuwägen.

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Die billigere Variante einer möglichen Lösung des Problems sieht aus wie das Kanu brasilianischer Ureinwohner, kommt jedoch aus einem Nachbarland, dessen Bewohner nicht nur als Seefahrer, sondern auch äußerst geschickt sind im Umgang mit an Fahrzeuge gekoppelten Wohnwagen. Hübsch gestaltete Vermietstationen am Sigl-Eck und an der Weilhammer Klamm könnten für die Sommermonate diese Holzschuhe gegen geringes Entgelt bereit halten, um eine unbeschadete Querung des Platzes zu gewährleisten.

Oh Graus! Unerträgliches Geklapper, torkelndes Volk mit Klumpen an den Füßen, Männer ziehen unbeholfen ihre Frauen wie Kühe über den Platz, eine optische Beleidigung für den aufrechten Gang! Raus also, nichts wie raus aus der lieblosen Stadt!

Doch halt! Es liegt das Gute doch so nah! Nichts hätten wir einzuwenden gegen ein paar Gummistiefel, die sich an ein paar Füßen befinden, die hinter ein paar Schubkarren marschieren, die genau jene obengenannte Masse enthalten, die zwischen den Steinen diese Lücken füllt, die sonst in der Lage sein würden, Absätze nicht nur zu vernichten, sondern samt Trägerin komplett zu verschlingen.

Und das wollen wir doch nicht. Wir bitten also treuherzig den für Fugen zuständigen Heiligen um das nötige Werkzeug, auf dass auch der heilige Kastulus, sein Kollege und Schutzpatron aller Holledauer und somit von uns, seine Herzensdame wieder unversehrten Fußes und galant über den Hauptplatz geleiten könne.