Über sieben Hügel musst du geh’n

von Lorenz Trapp

Rom, du Stadt der Träume, du mediterranes Refugium aller Verliebten, Beherrscherin der halben Welt, auf sieben Hügeln und nicht an einem Tag erbaut, goldener Urmeter aller Superlative, vom Verkehrschaos bis zur Bettlerdichte – wie geht es Dir?

Waren Sie schon mal in Rom? Münzen in die Fontana di Trevi geworfen, korrekt über die linke, die Herz-Schulter? Sinnlos, hinausgeworfenes Geld. Und gesehen werden Sie haben, falls Sie sich auf der Via Appia keine geschwollenen Augen geholt und in der Via Tiburtina dem Schwung der hohen Stiefel und neckischen Handtäschchen widerstehen konnten, offenen Auges, dass die Ewige Stadt beileibe nicht, respektive: bereits vollkommen fertig ist. Dieser geflügelte Satz von „einem Tag“ – lächerlich!

sieben

Es ist doch klar: Eine Stadt dieser Bedeutung bauen nicht mal die alten Römer in solch kurzem Zeitraum, und dass sie heute schon ewig sei, lässt verzweifeln. Fast alles auf diesem Planeten, unabhängig von Breiten-, Bildungs- oder Kontograd, wird ja in „ewig und drei Tagen“ fertig gestellt, und überübermorgen ist doch gar nicht mehr so weit.

Pfaffenhofen, du Stadt der Träume, du Holledauer Refugium aller Verzückten, Beherrscherin der Wettbewerbe, segelnd auf den sieben Meeren der Konkurrenz, goldene Uhr im Ticken der Zeit, mit Rattenplage und Volksfestschlägereien – wie geht es Dir?

So: Wie das Tapfere Schneiderlein in Sieben-Meilen-Stiefeln fegen wir über den Markt der Eitelkeiten, die erste Trophäe – lebenswertest – haben wir bereits in der Tasche, und die zweite – sieben bis überübermorgen, sieben gar auf einen Streich sind leider nicht möglich (Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut!) – folgt sogleich: der Deutsche Nachhaltigkeitspreis!

Mit inkludierter Bundesfahne schwebt er schon über unseren Hügeln wie eine glückverheißende Raumkugel. Ich will gar nicht wissen, wer von wem gesponsert einen Nachhaltigkeitspreis in Deutschland vergeben darf. Der Preis würdigt Jahr für Jahr die Arbeit von Unternehmen, die „vorbildlich wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Verantwortung und Schonung der Umwelt verbinden“; ab 2012 prämiert der Preis auch Städte und Gemeinden, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten die Stadt- und Gemeindeentwicklung nachhaltig (Geht’s auch anders?) gestalten. Da müssen wir natürlich (!) dabei sein, und so springen wir wie Gladiatoren in die Wettkampf-Arena, als gäbe es zusätzlich einen Preis für nachhaltige Teilnahme an allen greifbaren nachhaltigen Wettbewerben (Ort der Preisverleihung wäre Rom, ewige Stadt; Anreise nur mit europäischem Rettungsschirm).

Deutschland, deine Nachhaltigkeit; Deutschland, deine Römer: Auch Bay­erns Finanzminister Markus Söder, durchaus mit Gladiatoren-Mentalität ausgestattet, nimmt das ominöse Wort gerne in den Mund und erklärte gerade erst im Landtag, wir (wir Bayern oder wir Christlich-Soziale?) seien die einzigen in Deutschland, die nachhaltig Schulden tilgen. Ja was? Wachsen die Schulden wieder nach? Wie Bäume bei nachhaltiger Forstwirtschaft?

Ich sollte bei Markus Söder nachfragen, wie man nachhaltig Enten füttert, um die Ratten am Ilm-Wegerl nachhaltig zu tilgen. In einer Untersuchung (wissenschaftlich, aber mit Sponsor) stellte sich heraus, dass mit Gen-Mais gefütterte Ratten schneller sterben. Scheint mir eine nachhaltige Strategie zu sein, aber der Umweg über die Enten ist wohl doch zu langwierig. Und außerdem: Wo, frage ich, sollen wir jetzt auf die Schnelle nachhaltig produzierten Gen-Mais herbekommen?

In Rom möglicherweise? Bestimmt, da sparen sie doch jetzt schon nachhaltig an der Ewigkeit – und auf Pfaffenhofen, für Rom eine Stadt der Träume.