Pro Europa Una mit ungeschmälertem Engagement von Hellmuth Inderwies
Donald Trump, die Flüchtlingskrise, der Brexit, nationale Alleingänge und Abspaltungsbestrebungen lassen den Bemühungen um ein geeintes Europa zurzeit nur wenig Spielraum. Sie scheinen teilweise sogar ein vergebliches Unterfangen zu sein. Auch die gegenwärtigen Wahlen in Mitgliedsstaaten der EU haben dazu beigetragen, dass die einst herrschende positive Grundstimmung stark gedämpft wurde. Allein die Wirtschaft boomt aufgrund des seit einigen Jahren nicht ermüdenden Aufschwungs der Weltkonjunktur. Aber sie besitzt zusammen mit dem Euro wohl doch nicht die integrierende Kraft, Europas Einigung hin zu einer krisenfesten Gemeinschaft zu aktivieren. Zudem kann es mit ihr schon morgen zu Ende gehen. Und dann fänden jene Bedenken, die einige Protagonisten der Einigungsbemühungen von Beginn an getragen haben, ihre spürbare Bestätigung. Jacques Delor, der französische Sozialist und Präsident der Europäischen Kommission, der den Integrationsprozess gerade im wirtschaftlichen Bereich in den 90er Jahren intensiviert hat, konstatierte nicht nur einmal, dass man einen Binnenmarkt nicht lieben könne. Und Jean Monnet, einer der Gründerväter, soll sich folgendermaßen geäußert haben: „Wenn ich es noch einmal zu tun hätte, würde ich mit der Kultur beginnen.“
Umso mehr sind heute Aktivitäten von Bedeutung, wie sie sich Pro Europa Una e. V. als Zweck und Zielsetzung der Vereinsarbeit widmet. Dafür hat man auch den Status der Gemeinnützigkeit erhalten. Als Europäischer Kulturverein 1993 in Pfaffenhofen von Antonio Cigna gegründet, ist die Verwaltungsarbeit zwar vor geraumer Zeit in die Landeshauptstadt verlegt worden, um damit einen größeren Einflussbereich zu schaffen. Mitgliederstand und Freundeskreis sind angewachsen. Der heutige Ehrenvorsitzende wacht aber hierzulande nach wie vor sehr umsichtig darüber, dass die von ihm einst initiierten Veranstaltungen durchgeführt werden. Zudem lebt der Stamm der Altmitglieder in der Kreisstadt und ihrer Umgebung. Sie bezieht sein Nachfolger Andrea Masciavé, Projektleiter bei BMW und Mitglied des Ausländerbeirats der Stadt München, als 1. Vorsitzender sehr intensiv in seine Vereinsarbeit ein. Wie bisher werden die Mitgliederversammlungen in Pfaffenhofen abgehalten. Die Teilnahme beim Einzug zum hiesigen Volksfest gilt im Verein als eine vornehme Pflicht.
Kunst und Kultur werden als tragende Fundamente und als die eigentlichen Kraftquellen einer wirklichen Integration gesehen. „Wir müssen unsere gemeinsame europäische Kultur, die Kunst, die Traditionen und Bräuche, die christlichen Wurzeln, die Familie bewahren und pflegen wie eine wertvolle Pflanze“, ist das zentrale, von Antonio Cigna formulierte Motto des Vereins, „indem die Menschen unterschiedlicher Regionen und Traditionen Europas sich kennenlernen und näherkommen, damit so ein gemeinsames Europa von unten her entstehen und wachsen kann.“ Ein Europa der Bürger ist der innigste Wunsch des Maestro del Arte, „Globalisierung“ andererseits für ihn ein Begriff, den er nicht sehr gerne hört, weil damit seiner Ansicht nach jegliche Kultur zerstört werde. Für seine seit 1992 durchgeführten vielfältigen Aktivitäten mit dem „Hopfen- und Weintraubenfest“ als Auftakt ist dem „bayerischen Römer“ in Pfaffenhofen bereits im April 1994, wie jüngst auch dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, die Europamedaille („Medaille für besondere Verdienste um Bayern in einem Vereinten Europa“) verliehen worden. Und dieses Fest, bei dem die für Bayern und Italien charakteristischen Kulturgüter den kirchlichen Segen erhalten, wurde in der Hallertau (in Pfaffenhofen, Scheyern und Wolnzach), und in Italien (im Petersdom in Rom, in Ponte Como und im Kloster Montecassino) gefeiert.
Zuletzt fand es zum zweiten Mal heuer Ende September im Liebfrauendom in München statt, wo wiederum Dompfarrer, Domkapitular Hans-Georg Platschek, die Weihe vornahm. Fürbitten um die Erhaltung des Friedens zum Wohle Europas und zum Schutz seiner Bürger sowie gegenseitiges Vertrauen der Menschen, damit eine Integration der Völker gelinge, gehören zum Zeremoniell. Hopfen und Weintrauben, in einem Korb vereint, sollen gewissermaßen als Symbol von Einheit und Frieden für ganz Europa gelten, in gleichem Sinn wie die „Benediktinische Fackel“, die „Fiaccola Benedettina“. Sie wird jedes Jahr in einer europäischen Großstadt in einem Gottesdienst entzündet und auf einem Pilgerweg nach Montecassino an das Grab des heiligen Benedikt, des Vaters des Abendlands, gebracht. Anschließend an das kirchliche Zeremoniell traten heuer auf dem Frauenplatz in München Tanzgruppen aus Polen, Slowenien, Rumänien, Italien und Deutschland mit Darbietungen auf. Der italienische Cori Alpini intonierte „Va Pensiero“, den Gefangenenchor aus dem dritten Akt der Oper „Nabucco“ von Guiseppe Verdi. Mit einem gemeinsamen Diner beim Augustiner Klosterwirt fand das Fest seinen Ausklang.
Im Jahr 2017 ging zuvor bereits eine Reihe von Veranstaltungen über die Bühne: Die Beteiligung von Pro Europa Una an einem „Nachmittag mit den Familien“ im April, wobei man im Rahmen der musikalischen Darbietungen den italienischen Tenor Guiseppe del Duca verpflichtet hatte. Im Anschluss daran fand ein gemeinsames Kochen zahlreicher landespezifischer Gerichte statt. Im Juli stand die Region Marken und ihre kulturelle Bedeutung für Europa im Mittelpunkt eines Projekts. Nach Filmaufführungen und einem Vortrag von Hellmuth Inderwies über drei berühmte Künstler dieser Region (Raffael, Gioachino Rossini und Giacomo Lombardi) fand eine Weinprobe mit Produkten dieser Landschaft statt. In den Jahren zuvor hatte man bereits ähnliche Veranstaltungen zu Latium, Emilia-Romagna, Sardinien und Lombardei organisiert. Als nächstes Projekt steht ein „Großelterntag“ in Pfaffenhofen, in München und in Rosenheim an. Im Dialog der älteren Generation mit ihren Enkeln geht es darum, die Grundwerte Europas vorzustellen und zu vermitteln.
Ein politisch und wirtschaftlich kooperierender loser Staatenbund, wie er in den Anfängen der europäischen Einigung als erster Schritt angedacht war und heute wieder diskutiert wird, kann wohl nicht die Lösung sein, wenn es darum geht, Alleingänge und da vor allem die Gefahr von harten Auseinandersetzungen unter den Nationen in Zukunft zu verhindern. Waren es ja schließlich die Katastrophen zweier Weltkriege, die das Integrationsprojekt in Gang setzten. Derartiges dürfe nie mehr passieren, war das einhellige Postulat. Von einer Besinnung auf die traditionellen gemeinsamen ethischen und kulturellen Werte, die die Grundvoraussetzung für die Integration und ein friedliches Zusammenleben der Völker böte, ist man aber meilenweit entfernt, wenn man sich über den Schutz der Außengrenze schon nicht einigen kann und über mitunter recht seltsame bürokratische Verordnungen nicht hinauskommt. EU-kritische Parteien und Populismus mit einem oft sehr merkwürdigen „Werteverständnis“ sind zu einer großen Herausforderung geworden. Gerade deshalb ist die Besinnung auf das, was die europäische Geschichte auch an gemeinsamen positiven Faktoren besitzt, gegenwärtig unabdingbar notwendig. Initiativen, wie sie von Pro Europa Una in Gang gesetzt werden, sind wichtiger denn je.