Geben ist seliger den Nehmen – Nehmen aber ist auch in Ordnung

von Lorenz Trapp

„PAF im Tauschrausch“. Man hat ja schon einige Räusche gesehen in der Stadt. Wir erinnern uns, wie eine Welle, geformt aus enthusiasmierten Freudentränen, im Schlepptau des gewonnenen LivCom-Awards über den Hauptplatz rauschte; wir haben noch im Blick, wie €-Zeichen vor unseren Äuglein rauschten ob der Begeisterung über die solide Basis, auf der unser Haushalt steht, auch wenn die zuständigen Herren jetzt zaghaft aus dem Fenster winken und am liebsten das Zurückrudern andeuten würden; wir sehen, dass unser Öko-Quartier zu einer Baustelle geworden ist, auf der es in die richtige Richtung und zügig weiterrauscht, ob wir (uns) dort einkaufen, entscheiden wir später; rund um den Hauptplatz – und nicht nur da – klagen Ladenbesitzer, dass ab und an zu später Stunde das Wasser von Nachtschwärmern in geschäftseigenen Nischen rausche, von Kaufrausch allerdings keine Spur mehr zu entdecken sei.

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Da loben wir uns den „Tauschrausch“. Marina Buchberger und Annika Müller hatten die Idee, und stolz tragen sie das Logo „PAF im Tauschrausch“ auf der Brust. Die Idee der beiden Studentinnen war die „Givebox“, ein Projekt, das sie im Rahmen ihres Studienganges „Management Sozialer Innovationen“ an der Hochschule München konzipierten – und natürlich werden sie sich auch bis Ende September um die Durchführung kümmern. Seit der „Nacht der Kunst“ steht nun das Nachhaltigkeitsprojekt „Givebox Pfaffenhofen – Geben und Nehmen!“ an exponierter Stelle auf dem Hauptplatz.

„Die Givebox“, so erläutern Marina Buchberger und Annika Müller beim Fototermin, „ist ein Projekt, um entbehrliche Dinge quasi nachbarschaftlich zu verschenken oder miteinander zu tauschen“. Als sie ihr Projekt vorstellten, fanden sie sofort Unterstützung: Die Stadtverwaltung erteilte dafür eine Sondergenehmigung, das Architekturbüro Zellner übernahm kostenfrei die Architektur, und die Zimmerei Gerlsbeck stellte die „Givebox“ dann fachgerecht auf. Kein Wunder also, dass die beiden Studentinnen zufrieden sind mit ihrem Werk, und dass die „Givebox“ bereits in den ersten Tage und Wochen auf so hohen Zuspruch stieß, macht sie noch besser gelaunt als sie sowieso schon sind.

„Um es in meinen Worten zu sagen“, steht im Gästebuch, „Mädels, das habt ihr Bombe gemacht!“ So und ähnlich lauten die Lobeshymnen auf die „9 Quadratmeter große Open-Air-Duschkabine“, wie sie am Anfang zwar liebevoll, doch unwissend genannt wurde, und die positiven Einträge im Gästebuch werden immer mehr. Ausgestattet mit Kleiderstangen und Regalen, wird die auf dem Hauptplatz installierte Holzhütte zu einem Ort, an dem Menschen aus der Nachbarschaft Dinge abgeben, die sie nicht mehr benötigen, und Sachen, die sie dort finden, für sich selbst mitnehmen können. Im Prinzip also funktioniert sie wie ein Tausch- und Trödelmarkt: Man bringt etwas hin und darf sich im Gegenzug etwas herausnehmen – ein Tausch auf Vertrauensbasis und selbstverständlich kostenlos.

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„Wir wollten nicht nur ein Projekt in unserer Stadt, sondern auch etwas Sinnvolles und Bleibendes machen“, erläutern Marina Buchberger und Annika Müller. Kennengelernt haben sie die Givebox-Idee in Berlin; für eine Kleinstadt wie Pfaffenhofen ist es allerdings eine Neuheit, der es im Wesentlichen um eine bessere Nutzung der Ressourcen vor Ort und um die Förderung regionaler Kreisläufe geht. Jeder hat schließlich zu Hause etwas rumliegen, das er nicht mehr braucht. Die „Givebox“ bietet so auf praktikablem Niveau einen öffentlichen Ort, um diese Dinge zu tauschen.
„Ich finde, die ‚Givebox‘ ist eine klasse Idee“, äußert sich der Wirtschaftsreferent der Stadt, Markus Käser, der das Projekt konzeptionell und organisatorisch unterstützt. Sie passe zur Nachhaltigkeitsstrategie von Pfaffenhofen und setze einen Kontrast zum Zeitgeist des Wegwerfens. Dazu mache sie bewusst, dass man Dinge wiederholt verwenden kann. Das Geben und Nehmen sei darüber hinaus auch ein tolles Zeichen für soziales Engagement. In die gleiche Kerbe schlägt Fabian Stahl als Präsident der „IG Lebendige Innenstadt“, die das Projekt als Träger unterstützt und unter anderem die Materialkosten finanziert: „Die Idee ist eine echte Bereicherung der Innenstadt, und ich bin gespannt, wie sich das Projekt weiterentwickelt“.
Gut wird es laufen, das zeigen die bisherigen Erfolge: Menschen hinterlegen Dinge, die sie selbst nicht mehr brauchen oder mit denen sie anderen eine Freude machen möchten. Kleidung, CDs, Küchengeräte, Spielzeug für Kinder, das nicht mehr auf dem Dachboden verstauben muss, Deko-Artikel, funktionierende Elektrogegenstände – alles, was von Wert ist, einem anderen Menschen nützlich sein könnte oder ihm einfach nur gefällt, wandert durch die „Givebox“ und macht glücklich. Glücklich sind auch Marina Buchberger und Annika Müller: „Es sind tatsächlich wertvolle Dinge dabei, die zur Verfügung gestellt werden“. Ein funktionierender Scanner, immer mal wieder eine Gitarre, ein legendärer Mach3-Rasierer eines namhaften Herstellers, gut erhaltene und originelle Lederjacken – die Liste ist lang, und die Augen des Fündigen strahlen.
Wer will, darf seiner Freude natürlich im Gästebuch Ausdruck verleihen, denn dann sehen Marina Buchberger und Annika Müller, dass sich ihr Einsatz für die „Givebox“ auch wirklich gelohnt hat – ganz im Sinne des Mottos „Geben und Nehmen!“: Denn wer Freude schenkt, soll auch Freude mitnehmen dürfen.
Dann also auf in die Keller und Speicher: Vielleicht findet sich ja doch etwas, das in die „Givebox“ möchte. Und vielleicht verlässt man tatsächlich die „Givebox“ mit einer unerwartet gefundenen Kostbarkeit, die man schon lange gesucht hat – und nun mit strahlenden Augen mit nach Hause nehmen kann.

Die Givebox ist täglich
von 10 Uhr bis 19 Uhr geöffnet.
www.facebook.com/givebox.pfaffenhofen