von Lars Hänsch
Wenn es momentan in den Nachrichten um die großen deutschen Volksparteien geht, dann bekommt man vor den bayrischen Landtagswahlen im September 2008 und den Bundestagswahlen 2009 meist bloß etwas von Streitereien um diese oder jene Entscheidung oder um dieses oder jenes Amt mit, Inhalte oder Themen bleiben auf der Strecke. Von eindeutig erkennbaren christlichen oder sozialen Standpunkten darf man erst gar nicht sprechen. Deshalb hat der „Pfaffen-hofener“ Bürgermeister Thomas Herker vier Fragen gestellt, zum Thema politisches Engagement und zum Thema Sozialdemokratie.
Herr Herker, zum Thema politisches Engagement: Wann hat sich Thomas Herker dafür entschieden, warum, und warum bei der SPD?
Die Wurzeln meines politischen Engagements liegen in der Kindheit. Mein Vater war ein politischer Mensch. Er war damals einer der ersten in der JU in Pfaffenhofen und hat seinen politischen Weg gemeinsam mit Hans Prechter und Theo Abenstein beschritten. Von daher war Politik in meinem Elternhaus immer ein Thema. Politische Diskussion war bei uns an der Tagesordnung und deshalb Politik für mich schon immer ein interessantes Feld. Begonnen hat es klassisch mit dem Klassensprecher und Tätigkeiten in dem einen oder anderen Verein. Als ich dann 19 Jahre alt war, kam für mich die Zeit, mich zu entscheiden, in welcher Partei ich mich engagieren wollte. Und aufgrund meiner Geisteshaltung war die SPD die naheliegende Partei. Ich denke, das soziale Element ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammen hält. Eine Geisteshaltung allein kann aber noch nicht viel bewegen. Damals war gerade mit Schröder in der SPD eine große Aufbruchsstimmung, ein Neuanfang nach 16 Jahren Kohl. Diese neue Geisteshaltung in der Bundespolitik hat mich motiviert, in die SPD einzutreten. Dann war ich in der Juso-Hochschulgruppe Ingolstadt-Eichstätt aktiv. Bei den Jusos in Pfaffenhofen habe ich mitgewirkt, und bin so Schritt für Schritt tiefer in die Partei verwurzelt worden.
Was bedeuten die beiden Begriffe Sozialdemokratie und SPD für Thomas Herker?
Für mich ist SPD gleich Sozialdemokratie. Sozialdemokratie ist eine Geisteshaltung, eine Vorstellung von einer Gesellschaft. Es ist die Vorstellung, dass man gemeinsam im selben Boot sitzt, dass man ein gemeinsames Schicksal teilt. Natürlich ist die Triebkraft in unserem Leben der Egoismus und ohne den, ohne eigenes Fortentwickeln tut sich nichts. Trotzdem darf man die Schwächeren nicht auf der Strecke lassen. Außerdem ist niemand davor gefeit, einmal auf die Unterstützung der Mehrheit angewiesen zu sein. Das ist die soziale Komponente und die ist das Essentielle. Auf allen politischen Ebenen bis nach Europa und in die Welt ist man allein im Prinzip nichts. Gemeinsam funktioniert es. Die SPD ist eine Partei, die immer sehr standhaft gewesen ist. Ich mag die Ermächtigungsgesetze kaum mehr erwähnen, aber sie sind das bekannteste Beispiel für eine Partei, die von ihren Prinzipien nicht abrückt. Daneben hat die Sozialdemokratie vieles erkämpft, sei es etwa das Frauenwahlrecht. Die notwendige Reform der Sozialsysteme nach der Ära Kohl hat der SPD viel negative Presse gebracht und sie ist sicher in einigen Teilen der Bevölkerung nicht verstanden worden. Auf den damaligen Weichenstellungen baut man heute auf. Und diese Reform wäre ohne die SPD wahrscheinlich sehr viel radikaler ausgefallen. Wir hätten heute eine andere Gesellschaft. Was uns alle vereint, ist die Ansicht, dass wir nur gemeinsam stark sein können. Diese Ansicht kann christlich oder sozial motiviert sein, ich denke, sie ist die einzig richtige.
Besetzt die Linke politische Felder, die von der Sozialdemokratie aufgegeben wurden? Ist das eine Besorgnis erregende Entwicklung?
Grundsätzlich sehe ich die Linke als einen Schritt in Richtung Normalisierung der Parteienlandschaft. Eine Kraft links der Sozialdemokratie zu haben, ist keine Gefahr, kein Niedergang der bundesrepublikanischen Ordnung. Solche Kräfte gibt es in allen westlichen Demokratien. Die Rolle der Linken und der Sozialdemokratie im politischen Geschäft ist verschieden, auch wenn die Themenfelder ähnlich sind. Den größten Unterschied sehe ich darin, dass man sehr viel fordern kann, ohne Konzepte hinter diesen Forderungen aber wenig bis nichts umsetzt. So hilft man niemandem, sondern weckt Hoffnungen, die nicht erfüllt werden. Die Politik ist im Unterschied zu Wirtschaftsunternehmen, die mehr und mehr Grenzen übersteigen, in ihrem Gestaltungsspielraum eingeschränkt, weil sie nur auf diesen Raum begrenzt agieren kann. Diese Tatsache muss man anerkennen und mit ihr leben. Dann lassen sich radikale Einzellösungen nur sehr schwer realisieren. Demzufolge glaube ich, dass die Linke zwar das Potenzial hat, den Finger in die Wunde zu legen und auf Missstände aufmerksam zu machen, ihre Konzepte halte ich aber für wenig tragfähig.
Wo geht, wo sollte die SPD hingehen?
Wir sollten uns nicht im kleinen verzetteln und um Positionen bekriegen. Wir stehen vor wichtigen Herausforderungen wie der deutschen Bildung. Deutschland hat Stärken, auf die man aufbauen muss, aber es gibt an anderen Stellen viel Luft nach oben. Dafür braucht man die besseren Konzepte. Das gilt natürlich auch für die Stadt Pfaffenhofen.