von Lorenz Trapp
Würden Sie, mal ganz ehrlich, dieser Dame und diesen Herren einen Gebrauchtwagen verkaufen? Natürlich würden wir, und weil wir uns – nach zu Guttenbergs Flunkereien erst recht – darüber im Klaren sind, dass man nur ordentliche Waren feilhalten darf, fahren die Käufer damit gar nicht so schlecht. Aber ein Gebrauchtwagen ist eben ein gebrauchter Wagen. Damit muss man leben.
Schwieriger ist wohl die Antwort auf folgende Frage: „Würden Sie von dieser Dame resp. diesen Herren einen Gebrauchtwagen kaufen?“ Es war in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als diese Formulierung so oder ähnlich aus den Vereinig-ten Staaten in die deutschen Lande schwappte. Unzählige Politikerköpfe auf unendlich vielen Plakaten assoziierte sie als rhetorische Frage mit einem klaren „Nein!“ Fast wehmütig erinnern wir uns an ein Plakat mit dem wahrlich großen Kopf des wahrlich großen FJS, der als einer der letzten g‘standenen bayerischen Politiker Generationen von Kabarettisten am Leben hielt: Weil er polarisierte, weil er selbst keine Gelegenheit ausließ, zwar grob, aber immer mit geschliffener Klinge in alle Richtungen auszuteilen, war er die klassische Herausforderung für Satiriker und Kabarettisten – sie wuchsen sozusagen an der Aufgabe und fanden eine perfekte Zielscheibe inmitten verblassender Sternchen in den ministeriellen Ämtern.
Gutes Kabarett darf das. Ein bühnenreifer Schlagabtausch. Besseres Kabarett stellt Missstände bloß und illustriert diese mit Personen, bevorzugt, wenn sie denn noch zu finden sind: mit Persönlichkeiten, stellt sie ironisch verzerrt in eine provozierende satirische Inszenierung – und am besten, am allerbesten ist Kabarett, wenn die angeprangerten Missstände sich dann, als klappe Pandora satyrisch lächelnd ihre Büchse auf, entpuppen als absoluter Wahnsinn mit System. Am Lustigsten finden wir, dass wir uns daran gewöhnt haben: Uns bleibt nicht mal mehr das Lachen im Halse stecken. Verlorene Kabarettistenmüh?
Es wird wieder heller am Himmel. Fastenzeit. Starkbierzeit. Kabarettistenzeit. Rund um Kassiopeia lachen die Sterne, das Wetter nach dem „heute-journal“ wird präsentiert von der Commerzbank, und anschließend präsentieren die Stachelbären im Stocker-Stadl Kabarett und Satire. Ein Glücksgriff, dieser Stocker-Stadl. Wir freuen uns schon auf die Biergartenzeit, um Norbert Stocker als neuem Stern am gastronomischen Himmelszelt zu gratulieren. Es war ein geschickter Schachzug, sich mit der kultigen Kabaretttruppe der Stachelbären ins Kulturleben der Stadt einzuführen, jenen einen würdigen Rahmen zu bieten für ihre spitzen Pfeile, die ins Herz des politischen Blutkreislaufs zielen sollen.
Nicht fehlen auf der Zielscheibe ihres Vertrauens durften – wie es sich für Kabarettisten gehört – diejenigen Politiker der Kommunalklasse, denen in diesen Zeiten die Biergartenbank sowieso lieber wäre als die Anklagebank, und besonders hübsch karikierten die Stachelbären die Häuptlinge der Stadt, indem sie ihnen so nette Namen gaben wie „Edle Feder“, „Kleiner Käserhoch“ und „Thomaherk“ – wie Rothäute halt so heißen. Die Dünnhäutigen erschauern, die Dickhäutigen schütteln sich ab. Nehmen wir also die Fastenzeit als willkommene Gelegenheit, uns zu häuten und zu läutern. Nicht, dass jemand kommt und uns einen Gebrauchtwagen verkaufen will – und wir sind nicht vorbereitet.