von Lorenz Trapp
Die geschmackvollen Hopfensprossen haben in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt. Während sie früher, „in der guten, alten Zeit“, nur beim Hopfenbauern selbst auf den Tisch kamen und zwischenzeitlich wegen der aufwändigen Ernte ganz von der Gelüsteliste der Gourmets gestrichen waren, genießen sie nun unter dem Namen Hopfenspargel ihren Siegeszug durch die Hallertauer Gastronomie, die sich alle Mühe gegeben hat, den Hopfenspargel aus dem Salat-Image herauszuholen und mit kulinarischer Finesse zu kränzen.
Die außergewöhnlichen Hopfenschmankerl werden in den verschiedensten Formen angeboten: als eine durch geschmackliche Vielfalt überzeugende Suppe, als raffinierter Salat mit leicht nussigem Geschmack, versteckt in einem delikaten Omelette, als marinierte Beilage zu Filet in Blätterteig mit Biersoße oder auch als hervorragendes Hopfeneis – alles ist möglich.
Warum sich Flavio nicht fotografieren lässt, weiß Franca Pilla nicht. Aber die Tagliatelle mit Hopfenspargel …
Flavio Pilla hat heuer in seiner Trattoria „da Flavio“ zum ersten Mal mitgemacht, und sollte jemand einwenden, ein Italiener könne keine Ahnung haben von Hopfenspargel, dem sei hier mit mediterraner Nonchalance entgegengehalten: Flavio kennt erstens den Hopfen, denn er lebt schon seit Jahrzehnten in der Hallertau, und Flavio kennt den Spargel, denn Schrobenhausen … Stopp, attenzione! Flavio kommt aus dem Veneto in Norditalien, und das Veneto ist nicht nur bekannt für den Radicchio variegato aus Castelfranco, sondern auch berühmt für den weißen Spargel aus Bassano!
Die Resonanz war sehr gut, fasst Flavio zusammen, und seine Gerichte, die den Hopfenspargel mit italienischer Leichtigkeit integrieren, lassen daran keinen Zweifel. Das Filet vom „Loup de mer auf Hopfenspargel“ bringt vom leichten Fisch beschwingte Extravaganz ins eher bodenständige Hopfenland, und die „Tagliatelle mit Hopfenspargel, Rinderfiletstreifen, Tomaten und Parmesan“ stehen dieser Kreation in puncto kulinarischer Harmonie in Nichts nach. Endgültig traurig, dass die Hopfenspargelsaison passé ist, stimmen die „Jakobsmuscheln auf Hopfenspargel“: Ein paar Tröpfchen Balsamico Riserva, von Flavio persönlich geträufelt, machen den Genuss komplett: Man möchte sich auf den Jakobsweg begeben, auf Pilgerschaft, bis der Hopfenspargel im nächsten Jahr wieder sprießt …
Trösten kann uns nur die aktuelle Spargelsaison, und hier bevorzugt Flavio Pilla den Schrobenhauser Spargel, weil er, im Gegensatz zum weißen Spargel aus Bassano, nicht so trocken und etwas fruchtiger ist. Ob Jacopo da Ponte aus Bassano, Maler der Renaissance und Bewunderer Leonardo da Vincis, oder aber der Jakobsweg Flavios Speisekarte mehr beeinflusst, lassen wir hier dahingestellt. Wir hoffen einfach, dass sie so attraktiv bleibt. Und keine Antwort gibt es weiterhin auf die Frage, warum sich Flavio und die Jakobsmuscheln nicht fotografieren lassen wollen …