von Claudia Erdenreich
Die Metzgerei Krammer in der Türltorstraße kann auf eine lange Tradition zurückblicken: Schon 1884 eröffnete der Urgroßvater von Ludwig Krammer in der Frauenstraße die erste Metzgerei, die seither als Familienbetrieb geführt wird. Vor 35 Jahren wurde es dann endgültig zu eng in den alten Räumen, und die Familie plante einen großzügig angelegten Neubau auf den eigenen landwirtschaftlichen Flächen in der Türltorstraße. Ein mutiger Schritt, an dessen Erfolg viele zweifelten. War doch die Türltorstraße in den frühen 70ern weit außerhalb sonstiger Geschäfte und von landwirtschaftlichen Flächen umgeben. Von einer Einkaufsmeile wie heute jedenfalls weit entfernt. Dennoch war die Familie schon damals überzeugt, dass die Kunden kommen, wenn man gute Ware anbietet. Der Erfolg gab ihnen recht, die Kapazität der neuen Gebäude reichte gerade 20 Jahre. Ein Nachbargrundstück wurde erworben und weitere An- und Umbauten erfolgten. Der Laden vergrößerte sich weiter, ein Imbiss kam dazu, aber auch eine neue Küche, eine Spülküche und Büroräume.
In dieser Zeit hatten sich auch die Einkaufsgewohnheiten der Kunden grundlegend geändert. Heute gibt es viele Single-Haushalte und berufstätige Frauen, die auf ganz andere Produkte zurückgreifen. Große Stücke für den Sonntagsbraten sind kaum mehr gefragt.
Ludwig Krammer hat sich von Anfang an darauf eingestellt: Heute gilt es, die Waren zu veredeln, Fleisch fertig mariniert und bratfertig in kleinen Portionen anzubieten. Die ganzen Convenience-Produkte werden im eigenen Haus ohne Konservierungsstoffe hergestellt. Eine eigene Theke gibt es nur für Saucen, selbstverständlich auch diese nur selbst hergestellt. Wer den Laden betritt, glaubt sich nicht in einer Metzgerei. Frischer Fisch, eine üppige Käsetheke, Salatbar, Antipasti und Nudelsaucen machen Appetit. Der Imbiss bietet täglich mindestens 10 verschiedene Gerichte. Ein Koch, ein Jungkoch und zwei Salatdamen sind allein hier beschäftigt. Die Speisekarte kann am Vortag im Internet abgerufen werden und erinnert ebenfalls wenig an eine traditionelle Metzgerei. Ein Braten ist noch dabei, sonst dominieren asiatische, italienische und vegetarische Gerichte. Fleisch bleibt grundsätzlich nur einen Tag im Laden im Angebot, dann wird es im Imbiss verarbeitet. Überhaupt ist Frische und erstklassige Ware ein Grundsatz des Geschäftes. Freundlichkeit gegenüber den Kunden ist Pflicht für alle, Kunden die öfter kommen werden mit Namen begrüßt, zu allen Produkten wird auf Wunsch beraten. Auf diese Leitlinien achtet seine Frau, die den Laden führt.
Partyservice liefert bis München
Ein weiteres Standbein ist der Partyservice, der inzwischen Kunden von Ingolstadt bis München beliefert. Die Küche kann so doppelt genutzt werden, Vormittags für den Imbiss, abends für den Partyservice und die Herstellung der Convenience-Produkte. Trotzdem bedeutet der erfolgreiche Partyservice besonders viel Aufwand: Gläser, Geschirr und Speisen müssen geliefert und wieder abgeholt werden, ein Fahrer ist hier im Einsatz. Auch hier hat Ludwig Krammer schon Zukunftspläne. Einen eigenen Veranstaltungsraum für Feiern würde er gerne anbieten. „Praktisch wäre das“, findet er. Pfaffenhofen hat so etwas nicht und der Partyservice müsste nicht nur herumfahren. Bis zur Schließung des städtischen Schlachthofes wurde noch selber geschlachtet, heute kommt die Ware täglich frisch aus dem Schlachthof Landshut. Nur die oberste Handelsklasse wird bezogen und verarbeitet, die Tiere stammen nur aus der Region. So kann er kaufen, was er braucht, bedauert aber dennoch, dass der Kontakt zu den Bauern, von denen er früher die Tiere holte, verloren geht. Mittelfristig wird sich der Beruf wohl aufteilen, der reine Schlachter-Metzger wird immer mehr aussterben. Als neuer Berufszweig könnte der Metzger-Koch kommen, dessen Aufgaben beim Veredeln und in der Herstellung von Convenience-Produkten liegen und der den eigentlichen Koch unterstützt.
Freizeit ist ein Fremdwort für den Chef von 60 Mitarbeitern. Sein Arbeitstag beginnt um 3.30 Uhr und endet selten vor 20.00 Uhr. Jeden Vormittag steht Ludwig Krammer mit 10 Mitarbeitern in der Wurstküche und er ist stolz, dass er alle Rezepturen im Kopf hat. Man merkt, dass an der Produktion sein Herz ganz besonders hängt. Steril wie ein Operationssaal ist die Wurstküche jeden Tag nach der Produktion, darauf legt der Inhaber größten Wert und duldet hier auch keine Nachlässigkeit. Der ganze Nachmittag gehört der Verwaltung, jede Rechnung prüft Ludwig Krammer noch selber auf Plausibilität. Auch für den Einkauf ist er allein zuständig.
Erfolgreicher Ausbildungsbetrieb mit Innungsbesten
Selbstverständlich bildet die Metzgerei Krammer auch aus. Nachwuchsprobleme kennt der Betrieb dabei nicht, häufig zählen seine Lehrlinge sogar zu den Innungsbesten. Dennoch bedauert Ludwig Krammer den schlechten Ruf der Metzger, an dem seiner Ansicht nach aber auch die Metzger selber schuld sind. Er ist Vorbild, dass es auch anders gehen kann. Er sieht sich als einfacher Handwerker, spricht aber ohne Scheu von Firmenphilosophie und Veredelung. Für die nächste Kulturnacht hat er auch schon Pläne für seinen Beitrag in der Türltorstraße.
Zwei erfolgreiche Filialen hat die Metzgerei Krammer inzwischen in Wolnzach und Pfaffenhofen eröffnet und die Zukunftspläne gehen nicht aus. Einer der Söhne ist bereits in die Firma eingestiegen.