In „Was für ein Tag! – 366 Kalendergeschichten rund um den Fußball“ zeigen Volker Bergmeister und Erich Scheck alles, was wir immer schon über Fußball wissen wollten oder nur irgendwie vergessen hatten.
Ganz genau so war’s! Es war der 26. Mai 1999 im Estádio Nou Camp in Barcelona. Ich sitze an der Bushaltestelle am Hauptplatz und lese über Bayerns bittere Niederlage: Im Finale der Champions League erwischten die Bayern – damals Trainer: Otmar Hitzfeld – einen perfekten Start, als Mario Basler (ach der Basler, Sie erinnern sich, dieses Großmaul auf dem grünen Rasen, schon eine Zeitlang her) in der sechsten Minute einen Freistoß am verdutzten ManU-Keeper Peter Schmeichel vorbei in die Torwartecke zirkelte. Die Bayern führen 1:0 und bleiben das bessere Team; Mehmet Scholl (ach der Scholl, der am 13. Februar 2003 im Münchener Derby dreimal für die Bayern einlochte, die Löwen damit in die Trainer-Pacult-Krise stürzte und nun als Fußball-Experte in der ARD mit lockeren Sprüchen und knallharten Analysen für Pausenunterhaltung sorgt) – dieser Scholl also, der als Traumberuf mal flapsig „Spielerfrau“ angab und erklärte, Angst habe er nur „vor Krieg und Oliver Kahn“, dieser Scholl traf zwar noch den Pfosten, doch den Sack zuzumachen gelang den Bayern nicht. Das rächte sich: In drei Minuten Nachspielzeit schlug Manchester United zweimal gnadenlos zu – und riss den Münchnern den Pott quasi aus den schon warmen Händen. Hängende Köpfe, und ja, genau so war’s – ich blicke auf, und meinen Bus sehe ich nur noch von hinten.
Scholl hat Angst, und Kahn mutiert zum Elfmetertöter
Wohl dem, der ein Buch in Händen hält – der nächste Stadtbus kommt bestimmt. Und die nächste Champions League inklusive Finale sowieso. Es war der 23. Mai, zwei Jahre später allerdings, als Oliver Kahn (jener Kahn, Sie erinnern sich, vor dem Mehmet Scholl Angst hatte, angeblich) im Tor der Münchner Bayern im Champions-League-Finale in Mailand gegen den FC Valencia zum Elfmetertöter mutierte und den Bayern den begehrten Pokal endlich wieder einmal sicherte.
Hätten Sie’s tatsächlich noch gewusst? Na gut, die Bayern! Wenn nicht, dann lesen Sie, dann blättern Sie durch „Was für ein Tag! – 366 Kalendergeschichten rund um den Fußball“: Sie werden den Bus versäumen, wenn Sie nicht aufpassen! Denn dieses Buch enthält tatsächlich, was der Klappentext verspricht: „Kurioses und Verrücktes, Rekorde und Triumphe, Pleiten und Tränen, Fakten und Rekorde: 366 Kalendergeschichten rund um den Fußball – von Neujahr bis Silvester“. Für jeden Tag des Jahres, mit Jahreszahlen von 1857 bis 2014 (und darüber hinaus!) haben die beiden Autoren Volker Bergmeister und Erich Scheck jeweils eine Seite mit Interessantem gefüllt, pfiffig und mit lockerer Feder geschrieben, mit der eleganten Dosis Ironie, die den Fußball auf exakt dem Thron belässt, der ihm gebührt – als wichtigste Nebensache der Welt.
Volker Bergmeister, in Pfaffenhofen primär als Urgestein der lokalen Kabarett-Truppe „Stachelbär“ bekannt, arbeitet ebenso wie Erich Scheck hauptberuflich als Journalist. Beide hatten schon von Kindesbeinen an der Faszination des runden Leders nichts entgegenzusetzen. Achillessehne, Kreuzband und Meniskus votierten allerdings gegen eine aktivere Fußballerkarriere, sodass sich die Beiden aufs Zuschauen und Kommentieren spezialisierten. Während Volker Bergmeister ein „Roter“ ist und mit dem FC Bayern jubelt, ist Erich Scheck – auf Geheiß seines Vaters: „Wir sind Sechziger!“ – ein „Blauer“, der mit den zahmen Löwen trauert.
Wer nun glaubt, ihr Buch sei München-lastig: mitnichten! Die Geschichten kreisen um den ganzen Erdball, sie zeigen, wie der Hit „You’ll never walk alone“ in die Fußballstadien kam, wie am Weihnachtsfeiertag des Jahres 1914 aus Feinden für einen Tag Freunde auf dem Fußballplatz wurden, welches Eigentor sogar einen Preis bekam und wie Béla Guttmanns Fluch dem portugiesischen Traditionsklub Benfica Lissabon heute noch zu schaffen macht.
Sie kennen Béla Guttmann nicht? Sollten Sie aber! Lesen Sie „Was für ein Tag!“ Dann lernen Sie auch den alkoholbedingten Niedergang des genialen ManU-Spielers George Best kennen, und vielleicht dämmert auch die Erinnerung an den grandiosen Alfredo di Stéfano wieder herauf, der nicht nur im „Blauen Ballett“ der Millonarios aus Bogotá tanzte, sondern auch das „Weiße Ballett“ von Real Madrid in den 1950er und 1960er Jahren auf der Erfolgsspur hielt. Das ist Fußballgeschichte, schon eine Weile her, und Alfredo di Stéfano starb exakt vier Tage, bevor ein gewisser Super-Mario Götze am 13. Juli 2014 im Endspiel der WM in Brasilien genau jenen Ball mit der Brust annahm und volley aus spitzem Winkel ins Tor der Argentinier hob, der Deutschland endlich wieder einen Weltmeistertitel bescherte.
Falls Sie am 18. Dezember 2022 (4. Advent) noch nichts vorhaben: In Katar wäre wieder ein Endspiel. Falls Ihnen Fußball am Herzen liegt: Lesen Sie „Was für ein Tag!“ Sie werden sehen: Das Buch ist rund und ein Spiel hat mehr als 90 Minuten.
Was für ein Tag!
366 Kalendergeschichten
rund um den Fußball
von Volker Bergmeister
und Erich Scheck
ISBN: 978-3-735779-51-9
Preis: 17,90 Euro
Überall, wo’s Bücher gibt!
von Lorenz Trapp