Auf Schatzsuche

Die Liebe zu alten Dirndln erwachte bei ihr schon früh, in der Kindheit. Im Kleiderschrank ihrer Mutter fand Patricia Reichensdörfer verschiedene Dirndl, die sie immer ehrfurchtsvoll betrachtete und anfasste – mehr war nicht erlaubt. Aber schon damals liebte sie die wertvollen Stoffe, die kostbaren Schürzen, den Duft der schweren Stoffe. Schon als junges Mädchen wollte sie Dirndl tragen, die nicht jeder hat, die ungewöhnlich wirken und denen man durchaus ansieht, dass sie nicht ganz neu sind. Sie mag auch hochgeschlossene Dirndl, Winterdirndl, Kleider ohne Ärmel.

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Patricia Reichendsörfer wuchs in Pfaffenhofen auf, studierte zunächst Wirtschaftspychologie in München und jetzt Soziologie in Bamberg, wo sie ihren Master machen möchte. „Der Abschluss muss sein“, erklärt sie, auch wenn sie ihr Hobby rund um alte Dirndl zum Beruf machen möchte.

Vor kurzen ist die Studentin mit ihrem Mann wieder nach Pfaffenhofen gezogen und fühlt sich hier richtig daheim. Gleichzeitig konnte sie auch ihren Raum im Kreativquartier beziehen. Die Alte Kämmerei in der Frauenstraße ist damit voll belegt mit ganz unterschiedlichen Künstlern. Patricia Reichensdörfer ist begeistert über diese Möglichkeit, die so von keiner anderen Stadt geboten wird. So kann sie sich praktisch ohne Risiko ausprobieren, sehen, ob ihre Geschäftsidee, ihre Kreativität ankommt. Ihr Zimmer im Erdgeschoss der Alten Kämmerei geht zur Straße hinaus, zwar hat es weder Schaufenster noch eigenen Zugang, ist aber von außen genug einsehbar, um Neugierde und Interesse zu wecken. Sie hat das Zimmer zum perfekten Schau-Raum umgestaltet. Kleiderstangen hängen von der Decke und sind mit Dirndl belegt. So dicht, dass es einladend, aber nicht überladen wirkt. Jede Menge Accessoires von Schürzen über Blusen bis Anstecker, Taschen und Charivaris ergänzen das Angebot.

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Eine üppige Umkleidekabine mit Kronleuchter und Barockspiegel lädt zum komfortablen Probieren ein. Die schönen alten Dirndl sind nach Farben geordnet, nicht etwa nach Größen. „Zwei bis drei Größen kann man immer ändern“, erklärt die erfahrene Hobby-Schneiderin. Sie hat ein Semester Textilmanagement studiert und beim dazugehörenden Praktikum in Pfaffenhofen eine Menge gelernt. „Und der Rest ist einfach Übung“. Schwierige Näh-Fälle übergibt sie an eine Freundin, eine Schneidermeisterin.

In den letzten Jahren sah sie immer mehr schöne, alte Dirndl, bekam Tipps und Geschenke und ging schließlich immer wieder gezielt auf die Suche, durchforstete Flohmärkte. Sie genießt diese Schatzsuche, überlegt genau, was sie aus jedem Dirndl machen kann. „Meist sind die Stoffe noch nach Jahrzehnten hervorragend, aber die Schnitte altmodisch“. Besonders die in den 70er und 80er Jahren so beliebten Puffärmel mag heute niemand mehr sehen. Patricia Reichensdörfer wandelt die alten Dirndl gekonnt und behutsam um, man darf ihnen die ursprüngliche Stilrichtung durchaus noch ansehen. Sie orientiert sich dabei an Traditionen, sie mag weder Mini-Dirndl noch Viskosestoffe. Daher kauft sie auch nicht im Internet ein. „Ich muss die Stoffe fühlen und riechen“. Gerade Baumwollstoffe verzeihen viel, sie sind robust und wandelbar. Bei ihr finden sich fröhliche, junge Dirndl, schwere Brokatstoffe, edler Samt.

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Die begabte Künstlerin probiert jedes Dirndl selber an, auch wenn es gar nicht passt. „Man merkt erst angezogen, wie es sitzt, welche Besonderheiten es hat und auch einfach, ob ein Knopf locker ist“, erklärt sie. Längst war ihr Dirndlbestand über den privaten Kleiderschrank hinaus gewachsen, zum Glück konnte sie einen Raum in dem großen Haus ihrer Mutter nutzen. Inzwischen ist sie stolze Besitzerin von über 100 Dirndln, ebenso vielen Schürzen und jeder Menge Zubehör. Erst jetzt, mit dem Verkauf, steigt sie auch in eine genaue Buchhaltung ein. Zu gerne würde sie ihr kreatives Hobby ganz zum Beruf machen, auch wenn sie weiß, wie hart und anstrengend Selbständigkeit sein kann. Beide Eltern waren ebenfalls selbständig.

Teuer sind ihre schönen Dirndl trotzdem nicht, die günstigste Bluse gibt es für fünf Euro, das edle lange Brokatdirndl steigt auf 160 Euro. Dabei beschränkt sich Patricia Reichensdörfer auf Dirndl, Herren werden also bei ihr nicht fündig. Sie kann schon kleine Mädchen traditionell bekleiden, ansonsten findet der Teenager wie die gestandene Dame bei ihr wunderbare Dirndl, für festliche Anlässe ebenso wie für alle Tage.

Zum „Open House“ eröffnete Patricia Reichensdörfer ihren Laden „Franz Xaver“. Der ungewöhnliche Name ist leicht zu erklären: So hieß ihr verstorbener Vater, „die bayerischste Persönlichkeit, die ich kenne“. Er wäre mit Sicherheit begeistert.

Sie ist erst einmal von der Alten Kämmerei begeistert, genießt die Möglichkeiten, die das Kreativquartier bietet und die bunte Mischung der Künstler. Die kreative Atmosphäre ist im ganzen Haus spürbar und sie wird nun noch durch die Dirndl bereichert. Ein Blick hinein lohnt sich!

www.franz-xaver.com
Patricia Reichensdörfer
Geöffnet: Jeden Samstag 10 – 17 Uhr
Kreativquartier Alte Kämmerei
Frauenstraße 34 – 36
85276 Pfaffenhofen

von Claudia Erdenreich

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