Aba heit is’ koit!

von Lorenz Trapp

Am Dreikönigstag tanzen die Schäffler nach sieben Jahren zum ersten Mal – vor dem Rathaus und zu Ehren der Bevölkerung.
Fünfzig Jahre und kein bisschen leise ist Franz Reil. Er gehört zum Urgestein der Schäffler, seit fünf Jahrzehnten ist er aktiv dabei. Jetzt, ab dem Dreikönigstag 2012, wird er als Fasslschläger alte Handwerkstradition darstellen, wenn seine Kameraden den Schäfflertanz aufführen und das alte Schäfflerlied erklingt: „Aba heit is‘ koit, aba heit is‘ koit, aba heit is‘ sappramontisch koit!“

Mit Heinz Thalmeir von der Vorstandschaft kümmert sich Franz Reil auch darum, dass die Tradition der Schäffler aufrecht erhalten und im richtigen Licht dargestellt wird. Weil die Schäffler zum MTV gehören, sind sie natürlich am 150-jährigen Jubiläum des traditionsreichen Vereins beteiligt, das nach der Gründung im Jahre 1862 im nächsten Jahr gebührend gefeiert und mit dem Auftritt der Schäffler eingeleitet wird. Welch wichtigen Platz die Schäffler und ihr Tanz in der Stadt einnehmen, zeigt der Maibaum: Sein unterster Behang ist der Kreis der tanzenden Schäffler.
Zeit für eine Chronik? Heinz Thalmeir lacht: „Da bin ich dran!“ Im Jahr 1517 soll der Tanz zum ersten Mal in München aufgeführt worden sein, und als Anlass vermuten die Geschichtsforscher eine Pestzeit: „Mit dem Tanz wollten die Schäffler, die Fasslmacher, ein mittlerweile fast ausgestorbenes ehrbares Handwerk, die Menschen wieder aus den Häusern locken, um in frischer Luft und mit Lust einen Neubeginn zu wagen“. Ganz sicher sind sich die His­toriker allerdings nicht, und warum der Tanz alle sieben Jahre aufgeführt wird, ist ebenso unklar. „Vielleicht war’s die Sieben als Glückszahl“, vermutet Heinz Thalmeir, vielleicht auch sollten die Feste auf herzogliche Anordnung nicht überhandnehmen.

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Die Mannschaft der Schäffler für 2012

In Pfaffenhofen jedenfalls, und das weiß Franz Reil sicher, wurde der Schäfflertanz erstmals 1930 aufgeführt: „Initiator war der Buchdrucker Otto Stemmer, und damals haben sie sich die Kostüme ausleihen müssen“. Auf jeden Fall waren es stets MTV-ler, die die Tradition wiederbelebten und aufrechterhielten. Die Turner, die Handballer, waren führend, und mittlerweile tanzen auch Feuerwehrler mit. Seit 1993 sind die Schäffler übrigens eine eigene Abteilung im MTV, und der Tatsache, dass die Schäffler früher auch auf Bällen tanzten, tragen sie mit einem eigenen Faschingsball Rechnung. Vor einiger Zeit hatten die Schäffler auch eine Rolle in der Münchener Krimi-Serie „Soko 5113“, und an einen Auftritt beim Brüsseler „Oktoberfest“, wo sie auf Einladung der Bayerischen Vertretung in der EU tanzten, erinnert sich Franz Reil schmunzelnd: „Der Wurstsalat, naja, und eine dicke Soß‘ – naja, den Schwarzen hat’s gefallen“, erzählt er, „also den Politikern und den richtigen Schwarzen!“
Auch wenn sie nur alle sieben Jahre tanzen, ist das gesellschaftliche Leben durchaus aktiv. Jeden Monat gibt’s den Stammtisch, dazwischen auch kleinere Festivitäten, an denen auch die Alt-Schäffler regelmäßig teilnehmen: „Wir sind eben da“, sagen Heinz Thalmeir und Franz Reil unisono, „wenn man uns braucht“. Und auch jetzt sind sie da, weil die Tänzer bereits seit September im Training sind – und Franz Reil als Fasslschläger dabei ist.
Heinz Thalmeir betont, welches Engagement der gesamten Mannschaft nötig ist, um ein Schäfflerjahr vorzubereiten und zu organisieren. Viele Helfer gehören dazu – sei’s für die Technik oder den Transport, der Trainer und viele mehr – und alle Beteiligten tun dies freiwillig und unentgeltlich. Urlaubstage werden geopfert, wenn es dann rund geht vom Dreikönigstag bis zum Faschingsdienstag. Der Kern der Tanzgruppe besteht – zu den zwanzig eigentlichen Tänzern mit den aus frischem Buchs gebundenen Reifen – aus zwei Direktoren, die in Frack und Zylinder und mit Schirm auftreten. Dazu kommt das ehrenvolle Amt des Standartenträgers, der Vortänzer bestimmt den Takt und gibt die Tanzlänge vor. Wichtig ist der Reifenschwinger: Sein weiß-blauer Ring enthält die beiden Gläser mit Schnaps, die er zu Ehren des Tanzbestellers mit diesem gemeinsam leert.

„Reifenschwinger“, erklärt Franz Reil, der diese Aufgabe selbst vier Mal ausüben durfte, „ist eine Auszeichnung: Du musst reden können – und natürlich schwingen!“
Der Kreuzträger hält auch den Teller bereit, in den die Tänzer dann ihre Ringe stecken, und die Fasslschläger versinnbildlichen beim Fasslschlagen die alte Tradition des Aufbringens der Ringe auf das Fass. Nicht zu vergessen und unverzichtbar für einen gelungenen Schäfflertanz sind die Kasperl, die zur Freude der Tanzbesteller und Zuschauer ihre Scherze treiben. So ganz nebenbei sammeln sie in ihren Blechbüchsen auch Geld, das dem Verein zu Gute kommt.
Ein Schäfflertanz geht natürlich nicht ohne Musik, und hier lobt Heinz Thalmeir das ausgezeichnete, ja freundschaftliche Verhältnis zur Stadtkapelle, die mit ihren Musikern nicht unerheblich zum positiven Erscheinungsbild der Schäffler beiträgt. Unter ihren Klängen findet dann am 6. Januar 2012 um 14 Uhr der erste Aufmarsch statt: Die anschließenden Tanzfiguren gehen über die „Laube“, den „Schlangentanz“, die „Kleinen Kronen“ und das Fasslschlagen bis hin zur „Großen Krone“, dem schönsten Bild des Tanzes. Dieser erste Tanz der Saison findet traditionell vor dem Rathaus statt – zu Ehren der Bevölkerung.
www.schaefflertanz-pfaffenhofen.de