Claudia Jung: Politik mit Herzblut und Vernunft

Für die Freien Wähler kandidiert in dieser Wahlperiode zum zweiten Mal Claudia Jung für den Landtag. Die Schlagersängerin, die bereits seit fünf Jahren politisch aktiv ist, hat sich im Vorfeld mit Harald Regler zum Interview getroffen.

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Wie waren die vergangenen fünf Jahre im Landtag?
Ich bin 2009 zum ersten Mal für die Freien Wähler ins bayerische Parlament gewählt worden. Natürlich war für mich die Arbeit als Abgeordnete völlig neu, persönlich habe ich sie mir im Vorfeld auch ganz anders vorgestellt. Schon nach kurzer Zeit zeigte sich, dass die Tätigkeit weniger kompliziert ist, aber dafür sehr arbeitsintensiv.

 

Was hat sie als erfolgreiche Schlagersängerin bewogen, in die Politik zu gehen?
Eigentlich, muss ich gestehen, waren Politik und Geschichte in der Schule nie meine Paradefächer. Heute ist das ganz anders. Ich möchte mich in die Gesellschaft einbringen. So engagierte ich mich in meiner Gemeinde zuerst im Elternbeirat und auch als Schülerlotse. 2002 kam dann der Entschluss, auf der Liste der CWG für den Gemeinderat zu kandidieren. Beim ersten Mal klappte es nicht, aber 2008 zog ich dann in Gerolsbach in den Gemeinderat und gleichzeitig auch in den Kreistag ein.

Wie kam es nun dazu, dass sie 2009 für den Landtag kandidierten?
Schon bei der Kommunalwahl hat man gemerkt, dass ich doch viele Stimmen hinter mir vereinen kann, und so kam seitens der Freien Wähler die Anfrage, ob ich nicht auf der Landesliste kandidieren möchte. Nach einiger Bedenkzeit habe ich mich dann doch dafür entschieden und muss nach jetzt fünf Jahren sagen, dass ich es auch nicht bereue.

 

Warum entschieden Sie sich, für die Freien Wähler zu kandidieren?
Weil ich meine Meinung nicht in eine Backform pressen lasse. Ich bin froh, dass ich keinem Parteizwang unterliege und nicht Ansichten vertreten muss, die nicht meinen eigenen entsprechen. Natürlich ist nach außen ein einheitliches Bild der Fraktion gewünscht, aber das funktioniert einfach nicht immer und eine andere Meinung muss ab und zu einfach drin sein. Es ist mir wichtig, dass ich mich in der Politik nicht verbiegen muss.

 

Nachdem Sie erfolgreich in den Landtag gewählt wurden: Was faszinierte Sie bisher am meisten an Ihrer politischen Arbeit?
Als es damals an die Verteilung der Ausschüsse ging, bin ich in den Petitionsausschuss, da diesen keiner haben wollte. Und im Nachhinein muss ich sagen, das ist der Ausschuss, der am nächsten am Menschen dran ist und den ich jederzeit gerne wieder wählen würde. Hier stehen nämlich die Anliegen der Bürger im Mittelpunkt, und selbst wenn man in manchen Fällen keine Lösung findet, ist es hier möglich, ein offenes Ohr für die Menschen zu haben. Ich kann Politik einfach nicht alleine nach Vernunft gestalten, so wie es im Wirtschaftsausschuss gefordert ist, sondern bei mir steckt in jeder Tätigkeit mein Herzblut und das Interesse, den Bürgern zu helfen.

 

Bürgernähe – dadurch zeichnen sich ja auch die Freien Wähler aus. Wie wichtig ist für Sie diese Partei in der politischen Landschaft Bayerns?
Also zusammenfassend: Es hat bisher noch keine Opposition gegeben, die die Regierung so vor sich hergetrieben hat wie die Freien Wähler. Nehmen Sie nur das Beispiel der Abschaffung der Studiengebühren. Das ist einfach ein Thema, das die Bürger unmittelbar betrifft und demnach auch in ihrer Entscheidungsgewalt liegen sollte. Daher haben wir das entsprechende Volksbegehren initiiert.
Apropos Volksbegehren – auch in Sachen Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 streben die Freien Wähler nun den Weg an, die Bürger entscheiden zu lassen. Wie würde denn hier das neue Konzept aussehen?
Unser Ziel ist es, in Sachen gymnasiale Ausbildung die Eltern entscheiden zu lassen, ob ihr Kind acht oder neun Jahre lang diese Schule besuchen soll. Und diese Entscheidung sollte nicht erst in der zehnten Klasse getroffen werden, so wie es das Flexi-Jahr der CSU vorsieht. Da ist es schließlich schon zu spät, vorher Versäumtes aufzuholen und die Kindheit größtenteils schon verloren. Gleich zu Beginn des Gymnasiums soll es im Ermessen der Familien selbst liegen, ob Sie ihren Kindern eine verkürzte Schulzeit zumuten können, oder ob sie ihnen lieber ein Jahr mehr Zeit geben und ihnen somit auch mehr Raum zum „Kind-Sein“ lassen wollen. Die Zulassung des Volksbegehrens läuft bereits, wobei wir bis September noch Unterschriften sammeln. Am Ende soll damit auch verhindert werden, dass die Gesellschaft unter nur 12 Jahren Schulzeit, abgeschafftem Zivildienst und verkürzten Studien­abschlüssen leidet, weil jeder nur noch möglichst schnell in den Beruf strebt, das soziale Engagement und das Ehrenamt aber auf der Strecke bleiben.
Ein weiteres Problem der Bildung in Bayern ist momentan ja auch das Aussterben der Schulen auf dem Land. Welche Lösungsansätze gibt es hierfür in Ihren Augen?
Ganz zentral ist für uns der Erhalt der wohnortnahen Schulen, da man es zum einen den Kindern nicht zumuten kann, jeden Tag stundenlang erst einmal an den Ausbildungsort zu pendeln, auf der anderen Seite darf man aber auch nicht vergessen, es den Eltern so einfach wie möglich zu machen und regionale Freiheit zu fördern. Gerade auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist es daher wichtig, Bildungseinrichtungen vor Ort zu haben. So könnte man doch zum Beispiel, um vor allem auch die Mittelschulen vor dem Schließen zu bewahren, mehrere Schularten unter einem Dach zusammenfassen, ohne dass dies irgendeinen Nachteil mit sich bringen würde. Doch auch mehr Lehrer, flexiblere Arbeitszeiten und kleinere Klassen sind unsere Bestrebungen in Sachen Bildung.

 

Da haben wir doch gleich das nächs­te Stichwort: Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ein unerschöpfliches Thema und bei weitem noch nicht gelöst. Wie begegnen Sie dem in einigen Regionen noch immer vorhandenem Mangel an Betreuungsplätzen?
Ich sehe das große Problem nicht in zu geringem Vorhandensein der KiTa-Plätze – ganz im Gegenteil, vor allem im Landkreis Pfaffenhofen sind wir hier sehr gut aufgestellt. Was uns aber fehlt, sind die qualifizierten Betreuerinnen und Betreuer. Und diese erhalten wir nur, wenn wir den Beruf des Erziehers aufwerten. Dazu gehört zunächst auf jeden Fall eine bessere Bezahlung, sodass auch Frauen und Männer diesen Beruf ergreifen können, die nebenbei eine eigene Familie ernähren müssen. Aber auch Planungssicherheit vor allem in den KiTas ist ein absolutes Muss, damit die Erzieher und Erzieherinnen nicht Jahr für Jahr von den variierenden Buchungen der Eltern abhängig sind. Wenn dann die vorhandenen Betreuungsplätze auch mit Personal besetzt sind, ist ein großer Schritt für junge Familien getan. Grundsätzlich denke ich, dass jede Frau Karriere machen und ein Kind kriegen können soll, wenn sie das möchte. Dazu gehört es dann aber natürlich nicht nur, die Betreuung der Kinder zu sichern, sondern auch bessere Wiedereinstiegsmöglichkeiten für Frauen zu schaffen, die selbst ihre Kinder erziehen oder zum Beispiel auch in der Pflege vorübergehend gebunden waren. Es kann einfach nicht sein, dass man als Frau auf dem besten Weg der Karriere ist, ein Kind kriegt und anschließend nur noch als Sachbearbeiterin eingestellt wird.
Eine Erleichterung für die Eltern der Region könnte unter Umständen auch die in letzter Zeit häufig umstrittene Kinderstation in der Ilmtalklinik werden. Wie stehen Sie heute dazu?
Ich habe meine Meinung nicht geändert. Die Station ist wichtig und richtig. Natürlich ist ein Krankenhaus in der Größe von Pfaffenhofen immer schwer zu finanzieren, aber der Landkreis steht doch wirtschaftlich gut da – da sollte man sich eine gute medizinische Versorgung auch etwas kosten lassen.

 

Die Versorgung im Gesundheitsbereich hat aber auch noch andere Lücken im Landkreis, zum Beispiel was die Versorgung der Gemeinden mit Hausärzten angeht. Einige Kommunen sind hier deutlich unterbesetzt. Kann man Ihrer Meinung nach politisch etwas dafür tun, mehr Allgemeinmediziner aufs Land zu holen?
Ich denke, dass das einfach an der Einstellung der jungen Ärzte liegt. Der Beruf des Hausarztes ist heute einfach unattraktiv geworden. Die wenigen, die ihn ergreifen, sind mit einer großen Portion Idealismus dabei. Schließlich ist der Allgemeinmediziner auf dem Land teil der Dorfgemeinde und Ansprechpartner für die Leute – auch bei Notfällen, Tag und Nacht. Von politischer Seite könnte man allerdings versuchen, den Beruf auch für junge Ärzte, zum Beispiel durch günstige Kredite, interessanter zu machen. Oder auch den NC für das Medizinstudium abschaffen – denn dadurch bleibt das Medizinerdasein vielen verwehrt, die durchaus das Zeug und das Herzblut dazu hätten, dann aber von Schulnoten gehindert werden.

Zum Abschluss hätten wir auch noch eine Frage zur „Energiewende“. Auch wenn sich hier einiges zu bewegen scheint, stößt das Thema auch im Landkreis Pfaffenhofen bei einigen Bürgern auf Widerstand. Wie kann man hier in Ihren Augen die Akzeptanz zum Beispiel für Windkraftanlagen erhöhen?
Man muss beim Thema Energiewende für jede Region das richtige Maß finden. Eine Windkraftanlage an Orten ohne Wind bringt uns nicht viel. Dort, wo es aber sinnvoll ist, sollten sie gebaut werden. Wer die Umwelt schützen und das Klima schonen will, der muss selbstverständlich auch Solarparks und Windräder akzeptieren. Ich denke, das Erfolgsrezept für ein höheres Verständnis ist dabei mehr Bürgerbeteiligung, zum Beispiel in Form von Bürgerenergiegenossenschaften. Ein anderer Ansatz wäre auch, warum sich Privathäuser energietechnisch nicht komplett selbst finanzieren sollten. Fakt ist, wir haben einfach zu spät angefangen mit der Energiewende und jetzt müssen wir mit Volldampf weiter – und dabei den Bürger mitnehmen. Es kann also nicht angehen, dass hier von Horst Seehofer neue Abstände propagiert werden.

 

Auch diesmal gibt es am Ende wieder viele Themen, die diese Wahlperiode prägen werden. Sehen Sie dem immer näher rückenden Wahltag eher gelassen entgegen, oder wird es bis dorthin noch ein harter Kampf?
Also grundsätzlich könnte ich mir im Sommer schon schönere Dinge vorstellen, als Wahlkampf zu betreiben. Zumal es aufgrund der Stimmkreisreform diesmal nicht einfach wird, auch wenn ich hoffe, dass das Minus von 30.000 Stimmen nicht zu sehr schaden wird. Am Ende würde ich mich aber unheimlich freuen, wieder in den Landtag einziehen zu dürfen und dort weitermachen zu können, wo ich aufgehört habe – bei der Verbesserung der sozialen Bilanz, der Gesundheit und des Bildungssys­tems. Und all das immer möglichst nah am Bürger.

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